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16.02.2011
Interessant, was es manchmal für Nachrichten gibt. Nicht, dass das jetzt irgend etwas zu sagen hätte, aber manchmal frage ich mich, wie bestimmte Menschen warum was entscheiden. Natürlich wäre es töricht davon auszugehen, dass in Deutschland nicht ab und an das Wer-Kennt-Wen-Spiel gespielt wird. Dennoch bin ich immer wieder so naiv und wundere mich eben lieber darüber, wie klein dieses Land doch wohl sein mag. Den kindlichen Glauben an den Zufall will ich mir nämlich nicht nehmen lassen.

Wie war das noch gleich in einem Artikel der Financial Times Deutschland?

"Kopf des Tages: Christine Hohmann-Dennhardt - Gesinnungstäterin. [...] Sie warnte vor einer Welt, in der das Kapital allein auf die Maximierung der Rendite setzt. Sie stärkte die Rechte von Transsexuellen."

Da in Deutschland transsexuelle Frauen immer noch als "Männer mit Identitätsstörung" definiert werden und ich ja neugierig bin, wie sich jemand für die Rechte transsexueller Menschen einsetzt - ob er z.B. verstanden hat, dass transsexuelle Frauen Frauen sind - brachte mich das dazu gleich mal nachzuschauen. Christine Hohmann-Dennhardt? Gut.

Gestolpert bin ich über folgenden Wikipedia-Eintrag:

"1977 bis 1981 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main."

Ups. Ist das nicht die Uni, an der Volkmar Sigusch und Sophinette Becker in Sachen Sexologie tätig waren bzw. sind? Um noch einmal daran zu erinnern: Sigusch, Becker und Psychoanalyse-Kollegen behaupten in ihren Büchern ja, dass Transsexualität der Wunsch wäre "sein Geschlecht zu wechseln" - ausgehend von dem, was im DSM, dem internationalen Manual der psychischen Störungen auf angebliche "Geschlechtsidentitätsstörungen" zurückzuführen sei. Sigusch war einer der Hauptverantwortlichen für die Logik, die sich hinter dem Transsexuellengesetz verbirgt (hat er ja irgendwo mal selbst geschrieben, dass er derjenige war, dem wir das Gesetz zu verdanken haben), Becker hat als "Geschlechtsidentitätsstörungs"-Päpstin der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung schon einige Stellungnahmen für Poltik und Gerichte abgegeben.

Nun hat ja das Bundesverfassungsgericht auch in diesem Jahr (im Februar) ein Urteil gesprochen, das ersteinmal toll wirkt, da eine transsexuelle Frau bereits vor genitaler OP ihre Papiere ändern lassen kann. Das grosse Aber ist (ich hatte darüber ja schon einmal geschrieben): Gleichzeitig wurde in diesem Urteil auf Ausführungen von Sophinette Becker verwiesen und deutlich hervorgehoben, dass es völlig in Ordnung sei, das im Transsexuellengesetz psychiatrische Begutachtungen enthalten seien - da ja überprüft werden müssen, wie der jeweilige Mensch in der "gewünschten Geschlechtsrolle" überhaupt leben kann. Nur dann soll es ja die rechtliche Anerkennung geben. Was soviel bedeutet, dass eine transsexuelle Frau sich schon anstrengen muss, die gesellschaftlichen Geschlechterstereotype zu erfüllen, um überhaupt Papiere zu erhalten, die ihr die Möglichkeit geben als das anerkannt zu werden, was sie sowieso bereits schon immer war: Eine Frau. Eine ziemliche Ungeheuerlichkeit. Wie kann das sein, dass so ein Menschenrechtsverbrechen - die Möglichkeit zur Verweigerung der Papiere - in Deutschland überhaupt möglich ist? Tja...

Eben weil transsexuelle Frauen nach wie vor als "identitätsgestörte Männer" angesehen werden. Auch eben von der ehemaligen Richterin am Bundesverfassungsgericht Christine Hohmann-Dennhardt, der "Gesinnungstäterin".

Nun habe ich mal meine eigene Website durchsucht und habe festgestellt, dass ich den Namen schon einmal niedergeschrieben hatte, und zwar im März 2007. In diesem Jahr wurde meine Bundesverfassungsgerichts-Klage abgelehnt bzw. gar nicht erst zugelassen. Inhalt der Klage waren die psychiatrischen Begutachtungsverfahren im deutschen Transsexuellengesetz. Unter der Ablehnung stand auch der Name "Christine Hohmann-Dennhardt".

Seltsam ist, dass Frau Hohmann-Dennhardt gleichzeitig aber auch tolle Dinge unterstützt hat, wie z.B. die Artikel3-Aktion des Lesben- und Schwulenverbands Deutschland (LSVD),welche die "Sexuelle Identität" als schützenswert ins Grundgesetz bekommen wollte. Wobei LSVD. Da fällt mir ein, da hatte ich ja auch ein paar Zitate hier auf dieser Seite:

"Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass Ihnen eine Personenstandsänderung auch ohne geschlechtsangleichende Operation ermöglicht wird. Die Politiker sind zur Zeit nicht bereit, bei der Änderung des Personenstands von Transsexuellen auf die Beteiligung eines Gutachters zu verzichten. Das wird auch in naher Zukunft nicht durchsetzbar sein."
(Manfred Bruns, Lesben- und Schwulenverband in Deutschland, Mai 2007)

"Er hat [...] transsexuellen Frauen das Recht auf Änderung ihres Personenstands und auf Versicherungsschutz für eine operative  Geschlechtsumwandlung garantiert"
(Dr. Wolfgang Kreutzberger, Mitglied im LSVD in einem Vortrag in Hannover, Oktober 2008)

"Die FDP hat ihre Wahlversprechungen gehalten! Wir sind mit dem Entwurf des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und FDP nicht unzufrieden. ..."

(Manfred Bruns, Lesben- und Schwulenverband in Deutschland, Ende 2009)

Liebe Gesinnungstäter, transsexuelle Menschen sind natürlich. Wir existieren. Und es geht darum, dass diese in der Realität existierenden Menschen gerne ihre Geschlechtspapiere hätten, ohne sich zuvor einer psychiatrischen Begutachtung, bei der man sie nach DSM zu "biologischen Männern, die sich fühlen wie Frauen" oder "biologische Frauen, die sich fühlen wie Männer" erklärt, unzerziehen lassen zu müssen, bei der man überprüft wie stereotyp sie sich an bestimmte Geschlechtserrollen halten.

Lieber Manfred Bruns, liebe Sophinette Becker, lieber Volkmar Sigusch, liebe Christine Hohmann-Dennhardt, wir brauchen keine Geschlechtspolizei. Wir sind wir. Ob ihr das anzuerkennen bereit seid, oder nicht, ändert nichts an dieser Tatsache. Natürlich könnt ihr weiterhin für ein Weltbild eintreten, in welchem transsexuelle Frauen als "identitätsgestörte Männer" gelten - nur wer wird euch auf Dauer glauben, wenn ihr über transsexuelle Menschen solche Unwahrheiten verbreitet?

 
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