"Ein transsexueller Mensch braucht nicht transsexuell zu sein um transsexuell zu sein." Was wie ein Paradoxon klingt, ist auch eines, denn eins der drei "transsexuell" in dem Satz ist falsch. Warum schreibe ich dann diesen Satz? Weil er aufführt, dass es immer noch Menschen gibt, die glauben, dass eine genitale Operation das Geschlecht eines Menschen verändern würde. So hat der Berliner Verein TriQ (TransInterQueer e.V.) folgendes in er aktuellen Broschüre (
Trans* in den Medien Abgerufen: 11.03.2011) zu Transsexualität folgendes zu sagen:
"Transsexuelle - Als transsexuell bezeichnen sich Personen, die mittels Hormonen und geschlechtsangleichenden Operationen ihren Körper transformieren, um im 'Gegengeschlecht' des bei der Geburt zugewiesenen Geschlechts zu leben."
Behauptet wird also: Transsexuell ist ein Mensch, der seinen Körper "transformiert". Und was, wenn er es nicht tut? Wäre er dann nicht transsexuell? Wenn man drüber nachdenkt... ja tatsächlich... das ist ja wirklich ein wenig absurd. Nur, wenn also ein Mensch, der seinen Körper nicht "transformiert" nun gar nicht "transsexuell" ist, dann würde das ja bedeuten, dass die körperlichen Veränderungen ihn (der Logik der TriQ-Broschüre nach) "transsexuell" machen würden. Richtig? Oder übersetzt: Transsexuelle Menschen gibt es per se nicht, sondern es gibt Menschen, die durch Operationen "transsexuell werden"... sie "transformieren" sich und wären dann "transsexuell".
Dass TriQ damit aberkennt, dass transsexuelle Menschen in der Realität existieren, ist nicht nett. Genauso unfein ist, es wenn das häufiger vorkommt. Bereits in der Broschüre, die TriQ für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes verfasst hat, kommt durchschnittlich auf jeder 10. Seite das Wort "Geschlechtsumwandlung" vor (Expertise "Benachteiligungen von Trans*Personen, insbesondere im Arbeitsleben", Dezember 2010). Interessant das TriQ in der nun neuen Broschüre immerhin schreibt:
"Wählen Sie 'Geschlechtsangleichung' statt 'Geschlechtsumwandlung', falls Sie über medizinische Transition berichten."
(Trans* In den Medien, TriQ März 2011)
Was aber, wenn TriQ hier zwar meint, man müsse das "Geschlechtsangleichung" verwenden, aber dann trotzdem meint, ein transsexueller Mensch wäre erst dann "transsexuell", wenn er vorher eine körperliche Transformation des Körpers hätte durchführen lassen? Dann wird aus einer "Geschlechtsangleichung" plötzlich inhaltlich dasselbe wie "Geschlechtsumwandlungen" und alles ist wie vorher. Raider heisst jetzt Twix - sonst änderte sich nix.
Dass dieselben Inhalte noch auf ganz andere Weise neu verpackt werden können, zeigt auch das Wort "trans*". War es erst das Wort "transgender" dem transsexuelle Menschen sich fügen sollten, so ist es nun das Wort "trans*". Ähnlich wie vor ein paar Jahren bei "transgender" wird auch diesesmal wieder ähnlich argumentiert - Vertreter des Begriffes meinen, dass man hier doch einen Oberbegriff bräuchte, der alle "trans*Geschlechtlichkeiten" abdecke. Dass das Ding wieder zur Vereinnahmung von Interessen und zur Umdeutung der individuellen Anliegen, unterschiedlicher Menschen führt, lässt sich befürchten, wenn schon jetzt "transsexuelle Menschen" unter dem Label "trans*" zu denen werden, die erst dann existieren, wenn sie zuvor "transformiert" haben, anstatt anzuerkennen, dass transsexuelle Menschen tatsächlich existieren. Sie müssen es ja auch, da es sonst ja keinen Sinn machen würde, sich als transsexuell zu outen, Hilfe aufzusuchen und medizinische Massnahmen anzugehen, die in der Tat von aussen betrachtet zwar wie eine Transformation aussehen mögen, aber für einen transsexuellen Menschen klar als Anpassung körperlicher Abweichungen an das eigene, bewusste, und letzlich geoutete Geschlecht bedeuten.
Zum Schluss noch folgendes: Wer glaubt, dass Trans*Mensch (siehe die oben erwähnte TriQ-Broschüre) ein toller Begriff ist, glaub wahrscheinlich auch, dass ein homosexueller Mensch auch Homo*Mensch heissen sollte und ein intersexueller Mensch Inter*Mensch. Möglicherweise plädiert er auch dafür, ein blinder Menschen in Zukunft Blind*Mensch zu nennen und dass man zu einem Mensch mit Behinderung in Zukunft doch besser Behindert*Mensch sagen sollte, weil er ja Behindert* wäre. Ein Schelm, wer weiss, dass gerade viele Menschen mit Behinderung lange dafür gekämpft hatten, dass "Behinderte" als Wort ganz und gar nicht nett ist.
Übrigens noch ein kleiner Hinweis an die Medien: Ihr könnt transsexuelle Menschen auch einfach transsexuelle Menschen nennen.