Auch wenn es in den Medien zur Zeit nur so wimmelt von Klischee-Berichten über "Geschlechtsumwandlungen" und von "Frauen, die früher Männer waren", und ich mich frage, wie stereotyp die Zeiten sind, in denen wir uns gerade befinden, gibt es dennoch ein paar Neuigkeiten, die aufbauend sind. Mit dem Verein Aktion Transsexualität und Menschenrecht waren wir im Mai ja in Genf um dort gegen die Diskriminierung auf Grund von gender-Stereotypen und für eine Anerkennung transsexueller Menschen als "echt" zu plädieren. Beginnend mit
CEDAW, dem internationalen Frauenrechtsabkommen, über den
UPR (basierend auf den allg. Menschenrechten) bis hin zu dem
Sozialpakt, haben die UN seit ein paar Jahren auch die Menschenrechtsverletzungen durch das Transsexuellengesetz auf dem Schirm. Die Behauptung transsexuelle Frauen seinen "Männer, die auf Grund einer psychischen Störung wie Frauen fühlen" ist bei der UN bereits seit 2008 als diskriminierend und menschenrechtsverachtend entlarvt. Die UN-Session im Mai hat diese Haltung noch einmal bestätigt:
In den sogenannten abschliessenden Bemerkungen heisst es zu der Situation in Deutschland nun:
"Der Ausschuss bemerkt mit Sorge, dass transsexuelle und intersexuelle Menschen oft als Menschen mit geistiger Erkrankung betrachtet werden und dass die politischen Maßnahmen des Vertragsstaates, gesetzgeberische und andere, zur Diskriminierung dieser Menschen geführt haben, wie auch zu Verletzungen ihrer geschlechtlichen und reproduktiven Gesundheitsrechte. (Art. 12, 2.2).
Der Ausschuss fordert den Vertragsstaat dringend auf, Maßnahmen, gesetzgeberische oder sonstige, zur Identität und Gesundheit transsexueller und intersexueller Menschen zu ergreifen, mit dem Ziel sicher zu stellen, dass sie nicht länger diskriminiert werden und dass ihre persönliche Integrität und ihre geschlechtlichen und reproduktiven Gesundheitsrechte geachtet werden. Der Ausschuss fordert den Vertragsstaat auf, für dieses Ziel die transsexuellen und intersexuellen Menschen umfassend mit ein zu beziehen."
(Quelle: http://www2.ohchr.org/english/bodies/cescr)
Damit kritisieren die Vereinten Nationen auch die (peinlicherweise) aktuell durch das BVerfG bekräftigte Menschenrechtsverletzung, transsexuellen Menschen vor einer möglicher Änderung der Papiere noch psychiatrische Begutachtungen aufzubürden. Bislang verlang des sogenannte Transsexuellengesetz ja eine Art gender-role-test, zu dem das BVerfG noch im Januar geäussert hatte:
"Für ein Leben des Betroffenen im anderen Geschlecht ist eine Angleichung seiner äußeren Erscheinung und Anpassung seiner Verhaltensweise an sein empfundenes Geschlecht erforderlich. Dies wird zunächst nur durch entsprechende Kleidung, Aufmachung und Auftretensweise* herbeigeführt, um im Alltag zu testen, ob ein dauerhafter Wechsel der Geschlechterrolle psychisch überhaupt bewältigt werden kann."
(Quelle: BVerfG, - 1 BvR 3295/07 -)
Diese Forderung, die auf einer
Ideologie basiert, die Geschlecht auf gender-Stereotypen reduzieren will (und Abweichungen von diesen Stereotypen als psychische Störung erachtet), wurde nun erneut von den Vereinten Nationen als diskriminierend eingestuft. (Übrigens verwende ich deswegen nicht den Begriff "transgender", da dieser direkt in Zusammenhang steht, mit der Ideologie, die Geschlecht auf gender reduzieren will und damit mitverantwortlich für die Psychopathologisiereung transsexueller Menschen ist. Aber das nur am Rande.)
Deutschland ist ein Land in dem transsexuelle Menschen besonders unter der "Mann-fühlt-wie-Frau"-Ideologie zu leiden haben (bzw. der "Frau-fühlt-wie-Mann"-Ideologie), was auch damit zusammen hängt, dass hierzulande Oberflächlichkei, Egomarketing und dumme Stereotypen stark zugenommen haben (in allen Gesellschaftsbereichen, auch bezogen auf die ethnische Zugehörigkeit von Menschen, im Bereich der Religionszugehörigkeit, Ausbreiten eines fragwürdigen Nationalismus - siehe Fussball-WM oder Eurovision Song Contest - usw.). Eine Thema wie "Transsexualität" kann aber nur dann richig erfasst werden, wenn Menschen hinter die Fassade zu blicken bereit sind oder, vice versa, Menschen selbstbewusst vor die Tür treten um einen Schritt an die Öffentlichkeit zu machen - ein Schritt, der erfordert, sich von Ideologien zu lösen.
Bevor ich zu sehr abschweife, noch kurz ein paar konkrete andere Infos. Ich hatte ja bantragt, dass meine Papiere an mein eigentliches (und seit 2009 auch genitales) Geschlecht (weiblich) angepasst werden. Nachdem das durch mehrere Instanzen ging, hat das BVerfG meine Klage nicht zur Entscheidung angenommen. Offiziell gelte ich also nun weiterhin als Mann mit Vagina, der einen männlichen Vornamen hat. Ohne gutachterliche Bestätigung einer "gender identity disorder" (auf dieser Disorder basiert ja die TSG-Begutachterei), in der ich zum "Mann, der als Frau leben will" erklärt würde, will man mir mein Recht auf meine Papiere in Deutschland bislang nicht gewähren. Absurd. Und wäre es nicht so traurig, darin die Unfähigkeit von vielen Menschen in Deutschland, sich von ideologischen Weltbildern zu lösen, zu erkennen, wäre es ein Grund laut loszulachen. Denn wer hat am allerweingsten davon? Diejenigen, die ja stereotype Geschlechterideologien benötigen, um sich in dieser Welt scheinbar zurecht zu finden. Diese Psychos müssen ja nun mit dem Wissen leben, dass ihre Tabellen und Datenbankeinträge, an denen sie glauben, das Geschlecht eines Menschen ablesen zu können, Fehler enthält. Frauen sind als "Männer" erfasst und Männer als "Frauen". Seltsam, dass es Parteien gibt, die diese Wirrness sogar noch beibehalten wollen (zur Zeit sind das ja vorallem noch CDU und FDP, aber auch Teile der SPD). Ich frage mich nur: Haben diese Parteien wirklich so viel Interesse daran, sich freiwillig den Blick auf die Realität zu versperren? Ist es wirklich so erstrebenswert geblendet von Nicht-Realität durchs leben zu tappen, ohne zu wissen, was in der Welt wirklich los ist? Nöö, oder?
Auch aus diesem Grund bin ich froh, dass die Vereinten Nationen hier mit den Menschenrechten und den Menschenrechtsabkommen, zu dessen Einhaltung sich auch Deutschland verpflichtet hat, eine wirklich wichtige Brücke zurück in die Realität bauen können. Wenn die UN die psychiatrischen Begutachtungen im TSG-Verfahren als Verstoss gegen Menschenrechte kritisieren, dann ist das eine ganze Menge wert. Ich habe immer noch Hoffnung, dass Deutschland aus seinem Wahn erwacht und den Schritt in die Realität zu gehen bereit ist. Eine Zeile aus Lady Gagas "Born This Way" heisst "Don't be a drag. ...". Ich hatte den Eindruck, sie meint damit genau diesen Schritt. "... Just be A Queen". Gute Idee. Längst geschehen. Überall auf dieser Welt.
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* Kleidung, Aufmachung und Auftretensweise sind Teil der Ideologien des DSM bzw. dem, was unter "Geschlechtsidentitätsstörungen" verstanden werden soll. "Geschlechtsidentitätsstörungen", so heisst es z.B. von Beier, Bosinski und Loewit (Sexualmedizin, Elsevier, 2005) seien die Voraussetzungen für eine positive Begutachtung nach TSG (Transsexuellengesetz). Link zum DSM IV:
Kapitel Geschlechtsidentitätsstörungen .