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09.06.2011
Heute habe ich auf der Seite von Claudia Roth (Bündnis 90 / Die Grünen) folgenden Satz gelesen:

"Gleichstellung, Akzeptanz, Vielfalt: Die Gleichstellung von Lesben, Schwulen und Transgender ist noch lange nicht erreicht."

Sowas liest mensch ja häufiger, meist im Zusammenhang mit CSD-Veranstaltungen und regelmässig werden hier transsexuelle Menschen vergessen und ausgeblendet. Ich hatte ja bereits schon öfter erwähnt, dass "transgender" zwar eine geschlechtliche Facette transsexueller Menschen sein kann, dennoch werden transsexuelle Menschen durch dieses Wort so reduziert - auf "gender", die geschlechtliche Rolle - dass am Ende die Menschenrechtsverletzungen an transsexuellen Menschen wunderbar ignoriert werden können. Die Reduzierung von transsexuellen Menschen auf gender-Stereotype ist seit jeher eines der transphoben Phänomene: Da wird dann transphoberweise aus einer transsexuellen Frau beispielsweise schwupps ein "Mann, der in der Frauenrolle leben will" - und wenn der Mann sich dann unters Messer legt eine Frau; da "er" ja dann eine "Geschlechtsumwandlung" hat durchführen lassen. Wie stereotyp und einfältig. Und genau diese stereotype Geisteshaltung führte einst einmal dazu, dass Menschen ihr ideologischese Weltbild "transgender=die ohne Operation" und "transsexuell=die umgewandelten" verbreiteten.

Nein. Ich habe wenig Lust auf diese klischeehafte Geschlechtervorstellung, die interessanterweise besonders im christlichen, patriarchalen Abendland nachwirkt. Diese Vorstellung hat in meinen Augen nichts mit der Anerkennung von Vielfalt zu tun - vielmehr beweist diese Vorstellung, wie weiterhin geschlechtliche Vielfalt, die in der Natur vorkommt, ignoriert wird, um Menschen Rechte zu verwehren, die von diesen geschlechtlichen Abweichungen "betroffen", oder besser: mit einer geschlechtlichen Variation ausgestattet sind. Eine transsexuelle Frau ist kein "Mann, der in der Frauenrolle leben will", sondern eine Frau. Das reicht.

Daher habe ich nun Claudia Roth einen Brief geschrieben:

Liebe Claudia Roth,

ich habe den Artikel "Gleichstellung, Akzeptanz, Vielfalt" auf ihrer Homepage gelesen und frage mich: Warum erwähnen sie hier keine transsexuellen Menschen? Es ist wirklich traurig zu erleben, wie transsexuelle Menschen regelmässig vergessen werden. Möglicherweise liegt das daran, dass sie nicht in die westliche Weltvorstellung passen wollen?

Transsexuelle Menschen, also Frauen, die mit männlichen Körpermerkmalen geboren werden und Männer, die mit weiblichen Körpermerkmalen geboren werden, werden leider immer wieder ignoriert, ihre Sorgen und Nöte missachtet, und ihre Menschenrechtsverletzungen ausgeblendet. So gilt in Deutschland immer noch, dass eine transsexuelle Frau als "Mann mit Identitätsstörung" behandelt wird. Ein Grund dafür mag sein, dass Menschen hierzulande vielfach immer noch an Adam und Eva glauben, und Geschlecht als heteronormatives Modell verstehen, anstatt zu begreifen, dass geschlechtliche Merkmale wie Hormonwerte, Chromosomen, Genitalien, Körperbau, Rolle, Gehirn, sexuelle Orientierung, etc. alle voneinander abweichen können und jeder Mensch daher geschlechtlich nicht ein Teil einer Linie zwischen Mann und Frau ist, sondern eine Kombination aus den verschiedensten geschlechtlichen Attributen.

Dennoch wird - beschämenderweise gerne verstärkt auch in Berlin - immer noch behauptet, dass es "Geschlechtsumwandlungen" gibt und gesagt, transsexuelle Menschen seien die, die sich haben "umwandeln" lassen. Welch mittelalterliche und absurde Adam-und-Eva (Ken und Barbie)-Vorstellung über Geschlecht. Aber genau dieser Vorstellung entspringt dann wohl auch der Gedanke, die Sorgen und Nöte transsexueller Menschen, ja sogar ihre eigentliche Existenz, auf Genderstereotype reduzieren zu wollen.

Aus einer transsexuellen Frau wird dann im öffentlichen Raum dann ein "Mann, der sich fühlt wie eine Frau, den man daran erkennt, dass er Rock und Kleid trägt und schon als Kind lieber mit Puppen gespielt hat, als mit Autos". Welch Klischee... und vorallem... welche Ausblendung tatsächlicher geschlechtlicher Vielfalt. Denn eine transsexuelle Frau ist auch dann bereits Frau, wenn sie kein Interesse daran hat, sich geschlechterstereotyp zu verhalten. (Strengenommen ist sie dann nicht "transgender", aber das nur am Rande).

Wirkliche Vielfalt anzuerkennen, heisst doch sich von Gender-Stereotypen zu lösen und geschlechtliche Vielfalt als Teil der Realität zu begreifen. Einen Teil davon auszublenden, indem transsexuelle Menschen einfach (wieder einmal) vergessen werden, ist ein Teil der Vielfalt auszublenden. Gerade von den Grünen erwarte ich, dass sie "Vielfalt" ernst nehmen.

Mit freundlichen Grüssen,

Kim Anja Schicklang


 
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