Heute habe ich folgendes Schreiben des Deutschen Bundestages im Briefkasten gefunden:
Personenstandswesen / Transsexuellenrecht
Eingabe vom 26. November 2006
Die Petentin nimmt in ihrer Eingabe vom 26. November 2006 zu der nach
ihrer Ansicht menschenrechtsverletzenden Behandlung Transsexueller in
Deutschland Stellung. Sie ist der Ansicht, dass die nach dem
Transsexuellengesetz vorgesehenen gutachterlichen Verfahren zur Frage,
ob bei einer Person Transsexualismus vorliegt, nicht auf der Grundlage
neuerer medizinischer Erkenntnisse basieren. Die Begutachtung sei nach
den Regel der Logik entbehrlich, da die Betroffenen sich psychisch
bereits Ihrem Wunschgeschlecht als zugehörig fühlen, dies aber in dem
gutachterlichen Verfahren als Geschlechtsidentitätsstörung behandelt
werde.
Die Ausführungen der Petentin führen letzendlich zu der Frage,
inwieweit die selbst erfahrene oder im Laufe des Lebens gewonnene
geschlechtliche Identität eines Menschen durch ein staatliches
Verfahren überprüft und bestätigt werden kann. Diese Frage wird bei der
in Aussicht genommenen Reform des Transsexuellengesetzes zu prüfen
sein. Die Bundesregierung wird die Argumentation der Petentin als
Material bei der Erarbeitung der Reform des Transsexuellengesetzes
verwenden.
Im Auftrag
von Knobloch
Meine Antwort darauf war nun:
Sehr geehrter Herr Dierig,
vielen Dank für die Zusendung der Stellungnahme und die
Berücksichtigung meiner Einlage. Trotzdem möchte ich vielleicht noch
einmal auf ihren Brief eingehen, da er Formulierungen enthält, die ich
gerne noch kommentieren möchte, um Mißverständnisse auszuschliessen
(wie es passieren könnte, würde man mein Anliegen so formulieren, wie
es hier wohl geschehen ist) bzw. mein eigentliches Anliegen zu
verdeutlichen.
Sie schreiben ".. da die Betroffenen sich psychisch bereits ihrem
Wunschgeschlecht als zugehörig fühlten...", doch sehe ich es
keinesfalls als Wunsch an, transsexuell zu sein, sondern als
naturgegeben. Würde man von einem Wunsch sprechen, liesse sich dies
derart interpretieren, daß sich ein Mensch sein (psychisches)
Geschlecht aussuchen kann, doch denke ich, daß wohl eher das Gegenteil
der Fall ist . Die Nicht-Therapierbarkeit von Transsexualität dürfte
dies bereits bewiesen haben.
Unabhängig davon ist mitterweile aber bereits folgendes bekannt:
Bundesverfassungsgericht (1978, 1 BvR 16/72):
"Es müsse aber heute als gesicherte medizinische Erkenntnis
angesehen werden, daß die Geschlechtlichkeit eines Menschen nicht
allein durch die Beschaffenheit der Geschlechtsorgane und -merkmale
bestimmt werde, sondern auch durch die Psyche. Die Rechtsordnung dürfe
diese Gegebenheiten nicht unberücksichtigt lassen, weil sie in
gleichem, wenn nicht sogar in stärkerem Maße als die körperlichen
Geschlechtsmerkmale die Fähigkeiten des Menschen zur Einordnung in die
sozialen Funktionen der Geschlechter bestimmten und weil Gegenstand der
auf das Geschlecht abstellenden Rechtsnormen eben diese sozialen
Funktionen seien."
Das BVG spricht hier von "im stärkeren Maße" und verweist zudem darauf,
daß es nicht mit dem GG vereinbar ist, daß ein Mensch gegen seinen
Willen dem Geschlecht zugeordnet wird, dem dieser Mensch psychisch
nicht angehört.
Sowohl das Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1978 - der Anerkennung
der Wichtigkeit des psychischen Geschlechts eines Menschen - und die
höhere Wahrscheinlichkeit eines unveränderbaren psychischen
Geschlechtes lässt damit die rechtliche Problematik deutlich werden:
Menschen, deren psychisches Geschlecht z.B. weiblich ist, werden nach
bisherigem TSG einem medizinischen Verfahren unterworfen, das sie als
Mann behandelt, um nach Ende einer körperlichen(!) Prozedur dann am
Ende eventuell das Glück zu haben (Gutachterverfahren), daß man ihnen
mit mehrjähriger Verzögerung ihr "rechtliches Geschlecht" zugesteht -
auch nach dieser Logik ausgehend vom psychischen Geschlecht, das die
Patienten ja schon zu Beginn der Angleichungsprozedur gehabt haben
müssen, da das medizinische Verfahren ansonsten nie hätte beginnen
können.
Ich hoffe, daß Ihnen mein Anliegen klar wird - es geht hier, meiner
Ansicht nach, nicht darum, irgendwelche Wunschgeschlechter zu erfinden,
sondern einerseits um die rechtliche Absicherung von Menschen, die
einfach nur so sind, wie sie sind, und gerne auch als solches behandelt
werden wollen und andererseits um die Schaffung einer sinnvollen
Grundlage für die notwendigen medizinischen Maßnahmen. Und so seltsam
sich das anhört - die Sicherheit der Behandlung ist erst dann wirklich
gewährleistet, wenn das medizinische Verfahren nicht mit der
Geschlechtsrollen-Zuteilung (Geburtsurkunde, Pass, u.ä.) verknüpft wird.
Nachtrag:
Wäre es so, daß sich das psychsiche Geschlecht immer mal
wieder ändern kann, dann wäre die Frage, ob dies nicht auch nach einer
körperlichen Prozedur passieren würde - und dies ist eben nicht so. Die
geschlechtliche Identität der transsexuellen Menschen, die eine GaOP
durchlaufen haben ist - so zeigen es die Erfahrungen (sie können ja
gerne bei den Experten aus dem Bereich der Psychologie nachfragen, die
ihnen das bestätigen werden) - in fast allen Fällen stabil. Auch das
ist ein Hinweis darauf, daß sich das psychische Geschlecht eines
Menschen nicht ändern kann - und ergo, als Umkehrschluß, auch schon vor
der Behandlung so gewesen sein muß, wie danach.
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