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14.02.2007

Heute habe ich folgendes Schreiben des Deutschen Bundestages im Briefkasten gefunden:

Personenstandswesen / Transsexuellenrecht
Eingabe vom 26. November 2006

Die Petentin nimmt in ihrer Eingabe vom 26. November 2006 zu der nach ihrer Ansicht menschenrechtsverletzenden Behandlung Transsexueller in Deutschland Stellung. Sie ist der Ansicht, dass die nach dem Transsexuellengesetz vorgesehenen gutachterlichen Verfahren zur Frage, ob bei einer Person Transsexualismus vorliegt, nicht auf der Grundlage neuerer medizinischer Erkenntnisse basieren. Die Begutachtung sei nach den Regel der Logik entbehrlich, da die Betroffenen sich psychisch bereits Ihrem Wunschgeschlecht als zugehörig fühlen, dies aber in dem gutachterlichen Verfahren als Geschlechtsidentitätsstörung behandelt werde.

Die Ausführungen der Petentin führen letzendlich zu der Frage, inwieweit die selbst erfahrene oder im Laufe des Lebens gewonnene geschlechtliche Identität eines Menschen durch ein staatliches Verfahren überprüft und bestätigt werden kann. Diese Frage wird bei der in Aussicht genommenen Reform des Transsexuellengesetzes zu prüfen sein. Die Bundesregierung wird die Argumentation der Petentin als Material bei der Erarbeitung der Reform des Transsexuellengesetzes verwenden.

Im Auftrag
von Knobloch


Meine Antwort darauf war nun:

Sehr geehrter Herr Dierig,

vielen Dank für die Zusendung der Stellungnahme und die Berücksichtigung meiner Einlage. Trotzdem möchte ich vielleicht noch einmal auf ihren Brief eingehen, da er Formulierungen enthält, die ich gerne noch kommentieren möchte, um Mißverständnisse auszuschliessen (wie es passieren könnte, würde man mein Anliegen so formulieren, wie es hier wohl geschehen ist) bzw. mein eigentliches Anliegen zu verdeutlichen.

Sie schreiben ".. da die Betroffenen sich psychisch bereits ihrem Wunschgeschlecht als zugehörig fühlten...", doch sehe ich es keinesfalls als Wunsch an, transsexuell zu sein, sondern als naturgegeben. Würde man von einem Wunsch sprechen, liesse sich dies derart interpretieren, daß sich ein Mensch sein (psychisches) Geschlecht aussuchen kann, doch denke ich, daß wohl eher das Gegenteil der Fall ist . Die Nicht-Therapierbarkeit von Transsexualität dürfte dies bereits bewiesen haben.

Unabhängig davon ist mitterweile aber bereits folgendes bekannt:

Bundesverfassungsgericht (1978, 1 BvR 16/72):


"Es müsse aber heute als gesicherte medizinische Erkenntnis angesehen werden, daß die Geschlechtlichkeit eines Menschen nicht allein durch die Beschaffenheit der Geschlechtsorgane und -merkmale bestimmt werde, sondern auch durch die Psyche. Die Rechtsordnung dürfe diese Gegebenheiten nicht unberücksichtigt lassen, weil sie in gleichem, wenn nicht sogar in stärkerem Maße als die körperlichen Geschlechtsmerkmale die Fähigkeiten des Menschen zur Einordnung in die sozialen Funktionen der Geschlechter bestimmten und weil Gegenstand der auf das Geschlecht abstellenden Rechtsnormen eben diese sozialen Funktionen seien."

Das BVG spricht hier von "im stärkeren Maße" und verweist zudem darauf, daß es nicht mit dem GG vereinbar ist, daß ein Mensch gegen seinen Willen dem Geschlecht zugeordnet wird, dem dieser Mensch psychisch nicht angehört.

Sowohl das Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1978 - der Anerkennung der Wichtigkeit des psychischen Geschlechts eines Menschen - und die höhere Wahrscheinlichkeit eines unveränderbaren psychischen Geschlechtes  lässt damit die rechtliche Problematik deutlich werden: Menschen, deren psychisches Geschlecht z.B. weiblich ist, werden nach bisherigem TSG einem medizinischen Verfahren unterworfen, das sie als Mann behandelt, um nach Ende einer körperlichen(!) Prozedur dann am Ende eventuell das Glück zu haben (Gutachterverfahren), daß man ihnen mit mehrjähriger Verzögerung ihr "rechtliches Geschlecht" zugesteht - auch nach dieser Logik ausgehend vom psychischen Geschlecht, das die Patienten ja schon zu Beginn der Angleichungsprozedur gehabt haben müssen, da das medizinische Verfahren ansonsten nie hätte beginnen können.

Ich hoffe, daß Ihnen mein Anliegen klar wird - es geht hier, meiner Ansicht nach, nicht darum, irgendwelche Wunschgeschlechter zu erfinden, sondern einerseits um die rechtliche Absicherung von Menschen, die einfach nur so sind, wie sie sind, und gerne auch als solches behandelt werden wollen und andererseits um die Schaffung einer sinnvollen Grundlage für die notwendigen medizinischen Maßnahmen. Und so seltsam sich das anhört - die Sicherheit der Behandlung ist erst dann wirklich gewährleistet, wenn das medizinische Verfahren nicht mit der Geschlechtsrollen-Zuteilung (Geburtsurkunde, Pass, u.ä.) verknüpft wird.

Nachtrag:

Wäre es so, daß sich das psychsiche Geschlecht immer mal wieder ändern kann, dann wäre die Frage, ob dies nicht auch nach einer körperlichen Prozedur passieren würde - und dies ist eben nicht so. Die geschlechtliche Identität der transsexuellen Menschen, die eine GaOP durchlaufen haben ist - so zeigen es die Erfahrungen (sie können ja gerne bei den Experten aus dem Bereich der Psychologie nachfragen, die ihnen das bestätigen werden) - in fast allen Fällen stabil. Auch das ist ein Hinweis darauf, daß sich das psychische Geschlecht eines Menschen nicht ändern kann - und ergo, als Umkehrschluß, auch schon vor der Behandlung so gewesen sein muß, wie danach.

 
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