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23.03.2007

Ich habe Post vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information erhalten. In dem Schreiben heisst es, daß einer der Hauptansprechpartner in Sachen ICD-Code F64.0 nun (wie vermutet) u.a. die Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung in Hamburg-Eppendorf ist, und eine Änderung des ICD mit dem dortigen Insitut abgestimmt werden müsste/sollte/könnte. So habe ich nun erneut die DGfS angeschrieben (per Post und Mail), um eine Antwort zu erhalten (erneut deswegen, weil ich bis heute von den Verantwortlichen noch keine sachliche inhaltsbezogene Antwort erhalten habe). Per Mail ging dieser Brief u.a. auch an Sophinette Becker (die sich ebenfalls bis heute nicht geäussert hat), und für die Neufassung des TSG verantwortliche Bundestagsmitglieder.

Hier der Inhalt:

Änderung des ICD-Codes F64.0 und des TSG

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie sie bereits wissen dürften, wird die Einteilung von Transsexualität unter dem ICD-Code F64.0 und der Beschreibung "Geschlechtsidentitätsstörung" von vielen Betroffenen als diskriminierend abgelehnt. Das "Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information", kurz DIMDI, teilte mir nun folgendes mit:

Wie bereits in unserer Antwort- E-Mail vom 06.04.2006 dargelegt, bitten Wir Sie, Ihr Anliegen mit den zuständigen Fachgesellschaften, z.B. der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung (DGfS), abzustimmen und uns eine gemeinsame Stellungnahme zu den Änderungsvorschlägen vorzulegen. Dies gewährleistet eine effiziente Problemerfassung und dient der wissenschaftlichen Qualifizierung Ihres Vorschlages.

Nun gehe ich davon aus, daß der Text der DIMDI so zu verstehen ist, daß die Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung maßgeblichen Einfluß an den Formulierungen des F64.0 hatte bzw. hat. Auch gehe ich davon aus, daß die DGfS als ein Hauptansprechpartner in Sachen Gesetzgebung zu sehen ist, wurde doch das Transsexuellengesetz von Anfang der 80er genauso von der DGfS mitgestaltet, wie auch zahlreiche Stellungnahmen zu Urteilen des Bundesverfassungsgerichts.

Um Ihnen die Notwendigkeit einer Überarbeitung des ICD aufzuzeigen, hier ein paar Argumente:

1978 entschied das Bundesverfassungsgericht (unter Zurhilfenahme von Expertenkommentaren u.a. der DGfS), daß die Psyche eines Menschen "wenn nicht sogar in stärkerem Maße als die körperlichen Geschlechtsmerkmale" für die Geschlechtseinteilung - Stichwort: Personenstand - bestimmend ist. Trotzdem wurde in Zusammenarbeit mit ihrem Institut ein Transsexuellengesetz entwickelt, daß die Geschlechtsbestimmung über den Körper zur Grundlage hat, wird z.B. eine transsexuelle Frau während des kompletten medizinischen Verfahrens als Mann behandelt, der den "transsexuellen Wunsch" äussert, Frau "werden" zu wollen. Dies ist in sich ein Paradoxon, da ja 1978 das Bundesverfassungsgericht ebenso - unter Zurhilfenahme von Argumenten aus ihrem Hause - ausführte, daß ein Mensch nicht gezwungen werden kann, als das Geschlecht behandelt zu werden, dem dieser Mensch ausgehend seiner psychischen Geschlechtlichkeit nicht angehört (begründet wurde dies mit einem Verstoß gegen die Menschenwürde). Trotzdem entwickelte u.a. die DGfS Behandlungskriterien, die genau hier gegen Menschenrecht verstoßen.

Richtig wäre doch nun zu einer Lösung zu kommen, die das Wissen des Jahres 1978 in voller Konsequenz berücksichtigt. Die 30 Jahre alte Erkenntnis muß doch ernstgenommen werden!

a) Die Psyche eines Menschen ist geschlechtsbestimmend
b) Kein Mensch hat das Recht einen anderen Menschen als das Geschlecht zu behandeln, dem dieser psychisch nicht angehört

Konsequent gedacht kann dies also nur folgendes heissen: Um überhaupt ein rechtlich gesichertes medizinisches Verfahren erhalten zu können, bedarf es einer Regelung, die einem transsexuellen Menschen ermöglicht, selbst (und ohne Einfluss Dritter) über die geschlechtliche Rechtexistenz seiner Person zu entscheiden, und dies unabhängig körperlicher Maßnahmen, da ja nun nicht der Körper als geschlechtsbestimmend angesehen werden kann, sondern (ausgehend vom Urteil des Jahres 1978) eben die Psyche.

Da nun die DGfS sowohl Einfluss auf das juristische Verfahren hat (bzw. auf die Gesetzgebung), als auch auf die medizinische Einteilung unter F64.0 bitte ich sie nun darum, mir eine Antwort auf folgende Vorschläge zu geben:

Vorschlag einer Neufassung der psychologischen Diagnosestellung "Transsexualität"

Folgende Codierung wäre weiterhin im Buchstabenbereich F angesiedelt:

"Der Wunsch, als Angehöriger des eigenen Geschlechtes anerkannt zu leben. Dieser geht meist mit Unbehagen oder dem Gefühl der Nichtzugehörigkeit zum eigenen Geschlecht einher***. Es besteht der Wunsch nach chirurgischer und hormoneller Behandlung, um den eigenen Körper dem eigenen Geschlecht soweit wie möglich anzugleichen."


*** geschlechtliche Unsicherheit durch Vorhandensein körperlicher Abweichungen zum Rechtsgeschlecht

Die Codierung der körperlichen Schritte (Hormone, Operationen) erfolgt dann ausgehend von dieser F-Diagnose durch kompetente Psychologen im Bereich Q50-Q56: Angeborene Fehlbildungen der Genitalorgane.


Damit diese Diagnosen überhaupt gestellt werden können, bedarf es der Schaffung eines Transsexuellengesetzes, welches den Urteilsspruch von 1978 berücksichtigt (etwas wozu der Gesetzgeber eigentlich verpflichtet ist) - eben, daß kein Mensch dazu gezwungen werden kann, von einem Dritten (eben auch keinem Mediziner und keiner Krankenkasse) als das Geschlecht behandelt zu werden, dem dieser Mensch psychisch nicht angehört:

Vorschlag für eine Neufassung des TSG (erste zwei Abschnitte)

zu finden unter folgendem Link: Drück mich!

Es wäre sicher hilfreich, auch im Zusammenhang mit den Problemen, vor die Betroffene immer wieder gestellt werden (Kostenübernahmen, Verfahrensverschleppungen durch den MDK, Abwehrhaltung von Psychologen, Unverständnis bei Hausärzten, Verweigerungshaltung im Personenstandsverfahren,...), wenn hier verantwortungsbewusst mit dem umgegangen würde, was spätestens seit 30 Jahren bekannt sein dürfte - daß es Menschen gibt, die eine körperliche Abweichung von ihrem psychischen Geschlecht aufweisen - eine körperliche Abweichung der Genitalien vom eigentlichen Geschlecht (schliesslich ist die Psyche ja geschlechtsbestimmend, was selbst ihr Institut annehmen dürfte, da es ja ansonsten überhaupt keiner Regelung für körperliche Maßnahmen im Zusammenhang mit Transsexualität bedürfte!).

Ich möchte hier noch einmal das Schreiben der DIMDI zitieren:

"Die ICD-10 unterliegt einem weltweiten Abstimmungsprozess und ist dementsprechend nur auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse und im weltweiten Konsens abänderbar."

Das Wissen darüber, daß die Psyche geschlechtsbestimmender ist als der Körper, gibt es bereits seit mindestens 30 Jahren. Meinen Sie nicht, es wäre da Zeit zu handeln und zu einer Gleichberechtigung transsexueller Menschen zu kommen? Ich meine schon, und wünsche mir nun eine ausführliche Stellungnahme zu meinem Anliegen aus ihrem Hause.

Vielen Dank.

 
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