Ich finde ja, dass es noch genügend Gründe dafür gibt, warum eine
transsexuelle Frau sich für ihre eigene Existenzanerkennung einsetzten
sollte. Klar, es mag Menschen geben, die kein Problem damit haben, wenn
ihnen der Onkel Doktor sagt "Guten Tag Herr Huber", doch wage ich es zu
bezweifeln, dass es sich bei der Patientin um eine Frau handelt, und
wenn, dann frage ich mich: was ist denn das für ein
Mediziner-Patientenverhältnis, bei dem es darum geht, sich gegenseitig
etwas vorzulügen? Und schon wieder wären wir bei dem, was ich für das
Kernproblem halte: Wenn ein Mensch in seiner geschlechtlichen Existenz
geleugnet wird, dann wird sein Selbst geleugnet - ergo in der
kompletten Person ignoriert.
Vor Kurzem hatte ich bereits über die Pressemitteilung aus dem Hause
Stalla geschrieben, und eigentlich wollte ich ja eine Antwort auf meine
Mail erhalten, warum er denn transsexuelle Frauen als Männer bezeichnet
bzw. ob das wirklich so aus seinem Geiste stammt, was nun in
verschiedensten Zeitungen fast wortwörtlich aus der Pressemitteilung
der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie abgetippt wurde - doch
siehe da, nun hat der Bayerische Rundfunk zumindest einmal dafür
gesorgt, dass die Zuordnung nun auf Spekulationen verzichten kann. In
einem Interview von Veronika Bräse (in der Sendung b2 IQ Wissenschaft
und Forschung) wird die Sache nämlich eindeutig, spricht Stalla nämlich
hier von Männern, die Frau werden wollen, eben vom
Geschlechtsrollenwechsel, weil sich ein Mann eben "fühlt" wie eine Frau
und eine Frau wie ein Mann.
Interessanterweise (oder soll ich absurderweise schreiben?) bezieht er
sich dabei sogar auf die Untersuchungen von Prof. Dick Swaab aus den
90ern, der mir noch in einer email-Antwort geschrieben hatte:
"I fully agree with you: the brain determines the gender. That idea
is of course also the basis of the operation (adapting the body to the
gender identity of the brain)."
Langsam weiss ich nicht mehr, wie dann trotzdem etwas zustande kommen kann, wie die Aussagen von Stalla in dieser Woche beim BR:
"Wenn man Mann-zu-Frau Transsexuelle sich anschaut, dann haben die
ein Kernareal was halt eher einer Frau entspricht und nicht einem Mann
im Gehirn. Das was der erste Hinweis weltweit, dass es irgendwo eine
biologische Ursache haben könnte"
Mann-zu-Frau? Es scheint, als wiederholte ich mich, aber nun lässt sich
das ja nicht oft genug wiederholen: Das Gehirn ist Sitz des
Bewusstseins und der Persönlichkeit eines Menschen - mit all seinen
Gefühlen, Gedanken, Emotionen - es ist das wichtigste Organ, und somit
- man sollte annehmen Stalla würde die Bedeutung seiner eigenen
Untersuchungen richtig zu deuten wissen (was ja hier scheinbar noch
nicht der Fall ist) - eben auch das wichtigste geschlechtsbestimmende
Organ. Weil zwischen diesem Organ und dem, für was es gut ist ein
kleiner Zusammenhang besteht, äussert sich das nun in der Psyche des
Menschen. Nicht weil eine transsexuelle Frau etwa ein Mann ist -
sondern weil eine transsexuelle Frau eben eine Frau ist. Würde sie auch
so behandelt werden (und eben nicht als das Gegenteil von dem, was sie
ist), dann würden sich auch nicht psychische Nebenwirkungen wie
Depressionen u.ä. bilden, die von dieser Fehlbehandlung ausgelöst
werden... es liegt an der echten Existenzanerkennung. Dies ist ein
Menschenrecht - wer diese Existenz von Menschen, die mit
gegengeschlechtlichen körperlichen Merkmalen geboren wurden, nicht
bereit ist anzuerkennen, indem er die Realität leugnet, verletzt dieses
Menschenrecht.
Hier mal die Diskriminierungen aus Unwissenheit (ich tippe jetzt mal
darauf, der Herr Stalla war bestimmt ganz nett, gell...) der Frau
Veronika Bräse zum Nachhören:
"Frauen die Männer sein möchten, fallen nicht so auf - sie tragen
Hosen wie andere Frauen auch, vielleicht sind sie in ihrer Art
burschikoser als andere - das stellt aber in vielen Fällen kein
grösseres Problem dar. Dagegen fallen Männer in Frauenkleidung sehrwohl
auf. Gesellschaftlich werden weibliche Männer nicht akzeptiert. Wohl
auch deshalb kommen mehr Männer als Frauen zu Professor Günther Stalla
vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München in die Praxis"
"Die neue Studie aus München macht also Hormone für eine
transsexuelle Neigung verantwortlich, und zwar genauer gesagt
Geschlechtshormone, die im Mutterleib auf die Entwickleung des Babys
einwirken. Das betrifft aber nur männliche Transsexuelle"
"Aber auch bei den betroffenen Männern ist noch eines unklar:
nämlich warum sie im Mutterleib so wenigen männlichen
Geschlechtshormonen ausgesetzt waren"
Weil sie Frauen sind? Wie wär es einmal damit? Ach ja, hier noch die Mailadressen, damit ihr die nicht extra suchen müsst: (Bayerischer Rundfunk, Veronika Bräse) und (Günter Stalla).