Schon ein paar mal hatte ich ja etwas dazu gechrieben, welche grosse
Verantwortung Experten aus dem Bereich der Sexologie haben, wenn es
auch um die Medienberichterstattung geht (neben so vielen anderen
Bereichen wie Gesetzgebung und Reformen medizinischer Standards), sind
sie es doch, auf die sich die Redakteurinnen und Redakteure im
Zweifelsfall berufen, wenn sie der Ansicht sind, sich mit dem Thema
Transsexualität nicht auszukennen, aber trotzdem darüber berichten
wollen. Die Erkenntnis, dass das Gehirn eines Menschen eigentlich von
der Medizin als "das wichtigste Organ des Menschen" oder "Sitz der
Persönlichkeit" verstanden wird, sollte dabei ja eigentlich eine
wichtige Rolle spielen, besonders dann, wenn man weiss, dass die Psyche
des Menschen ja auch irgendetwas mit dem Gehirn zu tun haben muss. Es
kann also angenommen werden, dass es Menschen gibt, bei denen die
körperlichen Merkmale stellenweise vom Geburtsgeschlecht abweichen
(hier auf dieser Seite sind ja bereits einige Stimmen von Medizinern, Politikern, sowie Betroffenen und Nicht-Betroffenen aufgeführt, die dies wissen).
Welche Rolle es spielt, diese einfache Erklärung für Transsexualität (ein transsexueller Mann ist ein Mann, deswegen fühlt er auch als Mann - eine transsexuelle Frau ist
eine Frau, deswegen fühlt sie auch als Frau) anzumerken, zeigt sich
auch in einem aktuellen Beispiel: dem Outing des Sportlers Buschbaum,
der sich in dieser Woche als Mann geoutet hat. Auf seiner Homepage
schrieb er "Ich fühle mich als Mann und muss mein Leben im Körper einer Frau leben"
- eine Aussage, die man ja eigentlich respektieren sollte, doch, so
konnte man beobachten, war in den Medien das Wort "sie" und "Frau"
überproportional vertreten. Mich hat das einmal interessiert, warum das
so ist (und die Stellungnahme damit, so meine ich, konterkariert wird),
und habe deswegen einmal bei einer der Zeitungen angerufen:
"Erklären, Welche Gründe das alles hat.", "Tiefenpsychologisch" und
"Kein Wissenschaftler" - das ist das, was ich am auffälligsten finde.
Also eine Frau, die aus psychologischen Gründen Mann werden will? So
mag es der Redakteur sehen - oder gesehen haben, denn nachdem er sich
überlegt hatte, dass es ja tatsächlich möglich sein kann, dass Menschen
mit gegengeschlechtlichen Körpermerkmalen geboren werden, sah die Sache
schnell anders aus:
Hier sind nun die Experten gefragt, die Antworten zu geben, so will ich
meinen. Dort, wo einfache Antworten möglich sind, ist es doch nur gut,
diese zu geben. Ja, man könnte auf Harry Benjamin verweisen, der schon
in den 60ern erkannt hat, dass „Der
dominierende Status der Genitalien für die Geschlechtsbestimmung" ...
"mindestens in der Welt der Wissenschaft in Frage gestellt worden"
ist. Man könnte auf die Grundlagen des Transsexuellengesetzes
verweisen, einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr
1978, in welchem vermerkt wurde, dass die Psyche "wenn nicht sogar in stärkerem Maße als die körperlichen Geschlechtsmerkmale" bei
der Geschlechtseinteilung zu berücksichtigen wäre. Man könnte anmerken,
dass selbst Wissenschaften wie Humangenetik, Neurowissenschaft und
Endokrinologie mittlerweile davon ausgehen, dass Transsexualität angeboren
ist und etwas mit den Hormonen bzw. deren Einfluss auf die
Gehirnentwicklung zum Zeitpunkt der Geschlechtsdifferenzierung zu tun
hat. Doch von weit grösserer Bedeutung ist, ob diese Erkenntnisse auch
vermittelt werden - wenn Experten den Willen zeigen, die rechtlichen
sowie medizinischen Probleme (die hier in Deutschland noch zu Hauf
vorliegen, da hierzulande die Existenz von Menschen, die mit
gegengeschlechtlichen Körpermerkmalen geboren werden immer noch
geleugnet wird) zu beseitigen, und sich wirklich für die Betroffenen
einsetzen. Hier ein Beispiel. Es sind Zitate von Dr. Armin Bader, dem
Leiter der Abteilung für psychosomatische Dermatologie im Hautklinikum
der Uni Bochum (aus einem Artikel der WAZ Rhein-Ruhr, 22.11.2007,
Robert Gerlings):
"Es ist ein doppelter Leidensprozess: Zur nicht gelingenden Identität kommt die Diskriminierung durch die Gesellschaft"
Er äussert unter anderem,
"dass man eine Operation durchführen muss, weil der Mensch in einem falschen Körper steckt."
und beantwortet die Frage, ob man eigentlich "Herr Buschbaum" sagen müsse:
"Psychologisch gesehen hätte man das schon immer sagen müssen, nur ist genau das für die Öffentlichkeit so schwer zu verstehen."