Liest man etwas über Transsexualität fällt auf, dass die medizinische Sichtweise bisher von einer psychischen Störung ausgeht, die meisten Betroffenen das aber ganz anders sehen. Zwar gibt es im Jahr 2006 immerhin "tolerante" Menschen, die bereit sind Transsexualität als "Wunsch, dem anderen Geschlecht anzugehören" zu sehen, doch wird Menschen, die von einer Geschlechtskörperstörung betroffen sind, damit kein Gefallen getan, streiten diese "toleranten Menschen" damit ja immer noch ab, dass es sich nicht nur um einen "Wunsch" handelt, sondern um das Wissen seiner eigentlichen Geschlechtszugehörigkeit.
Wünschen kann man sich vieles im Leben, doch eine Existenz ist unwandelbar. Wer als Frau auf die Welt gekommen ist, will auch als Frau anerkannt leben. Wer als Mann geboren wurde, will als Mann erkannt werden.
Transsexuelle Menschen handeln ja bereits vor ihrem "Outing" bereits geschlechtstypisch, lediglich "die Geschlechts-Organe" weichen dabei vom angeborenen Geschlecht ab. Das Geschlecht an sich ist unwandelbar - allein die Vorstellung, dass eine Wandlung möglich wäre, müsste schon aus Sicht der Psychotherapie ziemlich seltsam anmuten. Es wäre dann ja anzunehmen, es gäbe mehr als einen "Kern", mehr als ein einziges "Selbst" des Menschen. Geht man allerdings davon aus, dass der Mensch ein einziges Selbst besitzt, dann bliebe bei der Annahme, es würde sich bei Transsexualität um eine psychische Störung handeln, nur übrig zu behaupten, dass transsexuelle Menschen nach ihrem "Outing" ihr Selbst verleugnen (Womit transsexuelle Menschen automatisch zu Lügnern gemacht werden). Die andere Möglichkeit ist das einzig logische: transsexuelle Menschen haben vor(!) ihrem Outing ihr Selbst verleugnet. Daraus folgt, zählt man 1 und 1 konsequent zusammen: Transsexualität ist eine körperliche Störung, der Satz "Ich bin im falschen Körper geboren" ist wahr.
Hier mal beide Sichtweisen im Direktvergleich
NEIN) psychische Störung (F64.0)
JA) körperliche Störung
Die Aussage "Ich bin im falschen Körper geboren" wird als Störung angesehen, der Inhalt ignoriert.
Die Aussage "Ich bin im falschen Körper geboren" wird ernstgenommen und als wahr angesehen.
Transsexualität wäre als Fluchtversuch vor dem Selbst zu werten (Selbstverleugnung).
Transsexualität ist das Wissen um seiner Selbst (Selbstbewusstsein).
Die psychische Störung wurde bis heute nicht gefunden (Ausschlussdiagnose).
Die körperliche Störung wird seit Jahrzehnten "körperlich" behandelt.
Reduzierung des Geschlechts auf den Körper, wenn der "Geist" abweicht, dann ist dieser gestört.
Wissen um die neuro-biologischen Faktoren für die Geschlechtsidentität.
Verhinderung sinnvoller Grundlagenforschung durch "Ausklammerung" des Patienten.
Schaffen einer sinnvollen Grundlage für Forschung und Wissenschaft durch Ernstnehmen des Patienten.
Verbreitung eines diskriminierenden Bildes über Transsexuelle in der Gesellschaft.
Öffnung der Sichtweise über Geschlechtsdefinitionen in der Gesellschaft.
Das Beschreiben von Transsexuellen als Menschen, die den "Wunsch" haben, ihr Geschlecht "zu wandeln".
Das Erkennen von Transsexuellen in ihren angeborenen Identitätsgeschlecht.
Auslösen und Hervorrufen von sekundären psychischen Folgeerscheinungen (wie z.B. Depressionen).
Hilfestellung und Stärkung der Psyche, sinnvolle Begleitung während der medizinischen Behandlung.
Betroffene werden menschenunwürdigen Behandlungen ausgesetzt, man handelt "über ihren Kopf hinweg".
Betroffene werden in die Behandlung miteinbezogen, die medizinischen Schritte als notwendig erkannt.
Förderung von Ausgrenzung Transsexueller Menschen in der Öffentlichkeit.
Stärken von Rechten transsexueller Menschen in der Gesellschaft.
Sichtweise 1 - Stand 2006)
Audiobeitrag: Ausschnitt aus einem Feature von Eva Hillebrand (Deutschlandradio Kultur 2005)
Ausgehend von dieser Logik wurden sowohl TSG, ICD-Code F64.0, als auch die sog. "Standards of Care" entwickelt. In der Beschäftigung damit, wer die verantwortlichen Personen sind, die diese Sichtweise etabliert haben bzw. daran festhalten, lässt sich feststellen, daß hier sowohl national wie international starke Interessensverbindungen vorallem bei Psychoanalytikern finden lassen (wie seinerzeit in den End-60ern, als vorallem Psychoanalytiker daran festhalten wollten, Homosexualität weiterhin als primär-psychische Störung zu betrachten).
Diese Sichtweise beruht auf einer interdisziplinären Berücksichtung der Erkenntnisse
Die Reformvorschläge, die vorallem die Vereinfachung des Verfahrens (aber auch die bessere Absicherung vor Irrtümern) beinhalten, befinden sich unter folgendem Link:
Ausserdem befindet sich... hier ... eine Umfrage zum Thema.
Die Realität ist häufig ziemlich praxisnah, womit klar wird, welche Sichtweise die einzig konsequent anwendbare, medizinisch sinnvolle und moralisch vernünftige ist.
Kommentare
Gegenwart und Mittelalter Geschrieben von Kim am 2006-06-29 00:46:46Hier ein paar Statements von einer Mutter einer transsexuellen Frau:
\"Es gibt in dieser Welt sicher einige gute Therapeuten, die sich um ihre transsexuelle Klientel k?mmern und ihnen bei ihrem Anliegen helfen. Indem die Harry Benjamin-Behandlungsstandards vor der Operation Psychotherapie vorschreiben, werden transsexuelle Menschen zu Bauern im Schachspiel der Interessenkonflikte degradiert.\"
\"Das Thema Transsexualit?t wird von der gemeinen Bev?lkerung immer noch mi?verstanden, weil ihr Gedankengut aus dem Mittelalter stammt.\"
\"Ungl?cklicherweise ist es im besten Interesse der Medizinerzunft, den Mythos aufrechtzuerhalten, da? Transsexualit?t ein geistiges oder seelisches Problem sei.\"
Falsifizierbarkeit Geschrieben von Kim am 2006-09-26 23:31:03Karl Popper (1902 - 1994). ?sterreichisch-Britischer Philosoph j?discher Abstammung.
Im Gegensatz zu den Positivisten fordert Popper dazu auf, Theorien nicht zu verifizieren, sondern zu falsifizieren. Wenn wir eine Theorie beweisen wollen, dann w?rden wir das erkennen, was diese Theorie st?tze, was ihr widerspreche, w?rden wir ausblenden. Dies f?hre im Extremfall zum Dogmatismus. Deshalb sollten wir versuchen, unsere Theorien zu widerlegen. Fehlersuche wird zum Prinzip erhoben. Wenn wir eine Theorie widerlegt h?tten, ver?nderten wir sie. Damit w?rden wir zwar nie endg?ltige Wahrheiten erreichen - denn wir w?rden auch die neue bzw. modifizierte Theorie zu widerlegen suchen - aber wir w?rden uns der Wahrheit ann?hern. (?hnliche Auffassungen findet man bereits bei Fr. Bacon, Pascal und Hume.)
http://www.philolex.de/popper.htm
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