Ausgehend von einer Pressemitteilung, die im Zusammenhang mit der 32.
Jahrestagung der Akademie für Sexualmedizin veröffentlicht wurde
(findet zur Zeit in Leipzig statt), gab es wiedereinmal einen Grund
einem Psychoanalytiker einen Brief zu schreiben. Es wurde in der
Pressemitteilung nämlich wieder behauptet, es gäbe
Geschlechtsumwandlungen bzw. "Geschlechtsidentitätsstörungen".
Hier der Brief an Prof. Dr. med. Dr. phil. Klaus M. Beier, dem Direktor des Instituts für Sexualmedizin an der Berliner Charité:
Hallo Herr Beier,
interessanterweise und gleich vorweg wundert es mich nicht, dass sie
Psychoanalytiker sind - es ist nämlich auffällig, dass gerade Vertreter
der Psychoanalyse hier wie bis in die 70er im Zusammenhang mit
Homosexualität (die ja damals von der Psychoanalyse noch "sexuelle
Orientierungsstörung" genannt wurde), bei Transsexualität die selben
Fehler machen: Sie erfinden eine psychische Störung, hier:
Geschlechtsidentitätsstörung, die zwar vielleicht in die
psychoanalytische Gedankenwelt passen mag und den Ideologien Sigmund
Freuds gerecht werden kann, aber mit der Realität wenig gemein hat. Ich
würde mir wünschen, hier ein wenig mehr Realitätsverhaftung im
Zusammenhang mit Transsexualität zu beobachten, muss aber leider
feststellen, dass sich einige Vertreter der Sexualwissenschaften immer
noch Paradoxien hingeben, die sich bei genauer Betrachtung als das
eigentliche Dilemma bei der Behandlung transsexueller Menschen
entpuppen: Die Nichtakzeptanz der Tatsache, dass das Gehirn das
wichtigste Organ des Menschen ist und Transsexualität - ebenso wie
Homosexualität - nichts ist, was ein Mensch sich aneignen kann, sondern
angeboren ist.
Genausowenig wie beispielsweise ein Mann, der in seiner sexuellen
Orientierung auf "Männer gepolt" ist, sich nun zu einem
Frauenliebhaber umerziehen lässt, genauso wenig ist es möglich, dass
ein transsexuelles Mädchen, welches mit Penis und Hoden geboren wurde
und immer Mädchen war, weil ihr Gehirn nun mal weiblich ist, sich zum
Jungen umerziehen lassen kann. Leider wird aber nun genau dieses
Mädchen von der Psychoanalyse als Junge bezeichnet, der eine
"Geschlechtsidentitätsstörung" haben soll - die Aussage des Mädchens
"ich bin im falschen Körper geboren" wird von der Psychoanalyse zur
Lüge erklärt. Aber warum?
Wenn sie transsexuellen Menschen wirklich helfen wollen, anstatt sie
weiterhin in ihrer geschlechtlichen gebürtigen Existenz zu leugnen,
würde ich mich über einen ernstzunehmenden Dialog mit ihnen freuen.
Vielen Dank,
Kim Anja Schicklang
Menschenrecht und Transsexualität
Warum sind es ausgerechnet immer wieder die Psychoanalytiker, welche
die Existenz von transsexuellen Menschen leugnen? Nochmal vielleicht
als Hinweis: Psychoanalyse ist die Lehre Sigmund Freuds und ist nicht
gleichzusetzen mit "Psychologie". Kritisiert wird die Psychoanalyse
auch von vielen Psychologen, da die Thesen und Ideen von Freund sich
bislang nicht wissenschaftlich überprüfen liessen, ihre Annahmen werden aber trotzdem gerne als "Wahrheit" verkauft. Wer genau hinschaut, wird bemerken
können, dass die Psychoanalytiker bislang aber die Standards im
Zusammenhang mit der Behandlung transsexueller Menschen diktiert haben
- zum Leidwesen der Betroffenen, die noch heute unter einem
menschenverachtenden medizinischen und rechtlichen Verfahren zu leiden
haben, bei dem sie entgegen des Geschlechts behandelt werden, in dem
sie sich selbst verstehen. Viele Negativerlebnisse von betroffenen
Frauen und Männern rühren genau da her: in der Leugnung ihres eigenen
geschlechtlichen Selbst. Wer z.B. Mädchen als Jungen mit
"Identitätsstörung" behandelt, der wird medizinisch notwendige
Massnahmen wie Hormoneinnahmen, chirurigische Eingriffe wohl eher als
verhinderungswürdig betrachten, anstatt zu verstehen, worum es nun
genau geht.
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