Gestern haben einige Zeitungen und Radioredaktion von Menschenrecht und
Transsexualität eine Pressemitteilung erhalten, welche die jüngste
Mogelpackung in Sachen TSG-Reform zum Inhalt hat. Ebenso wie die
Grünen, hat nun die FDP ein Reformvorschlag zum Transsexuellengesetz
veröffentlicht, der weiterhin an der eigentlichen
Menschenrechtsverletzung festhalten will.
Pressemitteilung
Welcher Etikettenschwindel verbirgt sich hinter dem jüngsten Gesetzesvorschlag der FDP zum Transsexuellengesetz?
Nachdem die Grünen im letzten Jahr ja bereits einen ähnlichen
Gesetzesentwurf vorgelegt hatten, schiesst die FDP nach und hat nun
Ende Mai ihren Entwurf zur Reform des Transsexuellengesetzes
veröffentlicht. Erstaunlich ist nun, dass die FDP ebenso wie die Grünen
nicht den bisherigen Kern der Diskriminierungen transsexueller Menschen
erkennen will: Das psychologische Gutachterverfahren für die
Personenstandsänderung.
Weiterhin wird hier Lobbyarbeit für die psychoanalytisch orientierte
Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung geleistet, deren Theorien
auch im ursprünglichen Transsexuellengesetz ungeprüft übernommen
wurden, anstatt die Interessen transsexueller Menschen zu vertreten.
So heisst es in dem nun vorgelegten Entwurf:
"Es ist zu prüfen, ob für die Änderung des Geschlechtseintrages die
Anforderungen an die Begutachtung abgesenkt werden können. Insbesondere
ist daran zu denken, für das Verfahren gemäß § 9 TSG die Begutachtung
durch nur einen Sachverständigen vorzusehen."
Dass das Gutachterverfahren das eigentliche Problem ist, will die FDP
ebenso wenig erkennen, wie die Grünen in ihrem Reformvorschlag aus dem
Jahr 2007. Somit würde weiterhin die Geschlechtsbestimmung in die Hände
von Gutachtern gelegt werden, die bislang immer noch der
psychoanalytischen Ansicht sind, dass...
Transsexuelle Frauen Männer sind, die von einer Geschlechtsidentitätsstörung betroffen sind
und
Transsexuelle Männer Frauen sind, welche ebenso eine "Phantasie haben, dem Gegengeschlecht anzugehören"
Dies widerspricht dem aktuellen Wissensstand über Transsexualität und
der wissenschaftlichen Erkenntnis um die Angeborenheit von
Geschlechtsidentität und Gehirngeschlecht.
Wie der Vorschlag der Grünen will der FDP-Entwurf nun diese
Diskriminierung nicht ändern, obwohl sie in ihrem Text selbst folgendes
erwähnt:
"Das Bundesverfassungsgericht hat weiter ausgeführt, die
Geschlechtszugehörigkeit könne nicht allein nach den physischen
Geschlechtsmerkmalen bestimmt werden."
Damit bezieht sich die FDP auf eine Aussage des
Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1978; die richtigen Schlüsse
werden hier aber wieder einmal nicht daraus gezogen: Dass die
Psyche/Gehirn geschlechtsbestimmender sind, als der Körper und somit
jegliche rechtliche und medizinische Behandlung dies eigentlich
berücksichtigen müsste, um diesem 30 Jahre alten Gerichtsspruch gerecht
zu werden.
Ein Begutachtungsverfahren, wie es nun die FDP weiterhin vorschlägt,
würde zur Fortsetzung des Missbrauchs transsexueller Menschen durch die
deutsche Psychoanalyse aufrufen, die aus Menschen etwas macht, was sie
nicht sind und niemals waren. Eine transsexuelle Frau beispielsweise,
welche mit Penis und Hoden geboren wurde, kann niemals Mann gewesen
sein, wenn man das Gehirn des Menschen als geschlechtsbestimmender
annimmt, als die körperlichen Merkmale und zudem weiss, dass
Transsexualität angeboren ist.
Dass das Bundesverfassungsgericht bereits vor drei Jahrzehnten
anerkannt hat, die Psyche als geschlechtsbestimmender anzusehen, als
den Körper, wurde, obwohl die Einführung eines Transsexuellengesetzes
im Jahr 1980 erst anderes vermuten lässt, bislang tapfer ignoriert. Und
ein Gesetzesvorschlag, der so aussieht, wie der nun hier vorgelegte,
gibt wenig Hoffnung, dass sich daran etwas ändert, wenn man ihn mit dem
Vorschlag der Grünen aus dem Jahr 2007 vergleicht. Beide Vorschläge
respektieren die Geschlechtsidentität transsexueller Menschen ebenso
wenig, wie die Tatsache, dass diese angeboren ist.
Ein psychologisches Gutachterverfahren, dessen Diagnose
(Geschlechtsidentitätsstörung), darauf basiert, den Körper als
geschlechtsbestimmend anzunehmen, respektiert nicht die eigentliche,
vom Gehirn bestimmte Geschlechtlichkeit. Ist das Gehirn/Psyche
geschlechtsbestimmend, dann eben nicht der Körper. Wer beides
gleichzeitig annimmt, bastelt sich ein Paradoxon.
Da hier weiterhin mittels eines Gutachtens der Körper als
geschlechtsbestimmend besiegelt würde (genau hierauf basiert ja die
Annahme der Psychoanalyse, dass transsexuelle Menschen dem
"Gegengeschlecht" angehören wollen), würden transsexuelle Menschen
weiterhin als geistesgestört bezeichnet werden.
Ein Gesetz das zum Inhalt haben sollte, lediglich die rechtlichen
Einordnungen zu regeln, aber durch den Einbau einer
unwissenschaftlichen Begutachtungspraxis dazu führt, dass Menschen zu
Verrückten erklärt werden, weil ihr Geist vom Körper abweicht, verletzt
die Würde des Menschen. Jedem ernstzunehmendem Mediziner dürfte zudem
klar sein, dass das Gehirn das wichtigste Organ des Menschen ist und
nicht etwa ein Penis oder eine Vagina. Untersuchungen aus den Bereichen
Hirnforschung, Genetik und Endokrinologie haben zudem die Angeborenheit
von Geschlechtsidentität mittlerweile bestätigt. Dies wird von den
Psychoanalytikern rund um die Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung
bis heute geleugnet.
Die Überschrift des Gesetzesvorschlages der FDP "Reform des
Transsexuellengesetzes für ein freies und selbstbestimmtes Leben" ist
somit ein Etikettenschwindel. In der Packung ist dann das Gegenteil von
dem, was das Etikett verspricht: Nämlich die Weiterführung einer in
einem Gesetz verankerten Diskriminierung transsexueller Menschen und
die Leugnung ihrer eigentlichen Geschlechtlichkeit. Wem das Gesetz so
wirklich hilft, ist die Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung.
Zum FDP-Vorschlag:
http://www.fdp-bundestag.de/files/538/Antrag-ReformTranssexuellengesetz.pdf
Und hier der Vorschlag der Grünen von 2007 zum Vergleich:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/041/1604148.pdf
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