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25.11.2008
Hier ein schöner Kommentar von Katrina, der sich hier eingefunden hat:

Katrina

Menschen sind nicht binär!

Das vorherrschende Problem, dass mir ins Auge sticht, ist nicht nur die Diskriminierung, sondern sehr viel einfacher und zugleich unendlich komplexer, oder besser: mannigfaltiger.

Der gemeine Mensch von heute geht immer noch davon aus, dass unsere Spezies 2,0 Geschlechter hat: Männlich und weiblich, I und O. Eine binäre Aufteilung eines eigentlich analogen Sachverhalts.

Das ist aber grundlegend falsch:

Manche Männer sind weiblicher als andere, sind vielleicht "nur" 0,95 oder gar 0,8; manche Frauen sind ein wenig männlicher, burschikoser und sind daher eher 0,2 als 0,0.

Das trifft aber auch auf Transmenschen zu: Eine Transfrau, die auf der Harry Benjamin Skala mit VI (Transsexuell, die extra Hardcoreausgabe) zu finden ist, kann durchaus 0,0 sein, aber es gibt genug andere Transmenschen (z.B. Menschen wie ich), die auf der HBSkala z.B.: "nur" IV erreichen (die gemäßigte Ausgabe, die auch ohne OP auskommt), und die eher bei 0,3-0,4 anzusiedeln sind. Ich (um bei mir als Beispiel zu verweilen) würde mich auf einer Skala von 0 (100% weiblich) bis 1 (100% männlich) ungefähr bei 0.35 suchen. Ich bin (trotz eindeutig männlichem Körper) eine Frau, die als Frau leben möchte, die Brüste haben möchte und Körperbehaarung jedweder Art verabscheut und doch ist in mir genug männliches, als dass ich meinen Penis nicht verabscheue, eine OP ablehne und im Bett sowohl in der weiblichen (der penetrierten) Rolle als auch in der männlichen (der penetrierenden) Rolle meinen Spaß habe.

Es ist in der Tat eine reine Stimmungsfrage, ob ich meinen Penis als zu groß geratene Klitoris verwende und mich penetrieren lasse oder ob "Klein Katrina" in meinen Augen die große - Verzeihung - ZimmerFlak ist, die noch jede Frau glücklich gemacht hat. Ich falle also völlig aus diesem IO männlich/Weiblich Schema heraus, bin nicht ganz O und ganz gewiss nicht I und damit der perfekte Beweis, dass der weit verbreitete Irrglaube, unsere Spezies habe nur zwei Geschlechter, die strikt trennbar sind, antiquiert und nicht mehr korrekt ist.

Womit wir bei der Krankenkassenfrage angelangt sind:

Wenn die Menschheit endlich akzeptiert, dass das Geschlecht fließend ist und so gut wie niemand völlig 0 oder 1 ist, dann ist auch die Behandlungsfrage geklärt: Mensch X steht in den Akten als Mann und hat Gebärmutterkrebs.

"Kann jedem mit einer Vagina (gleich welchen Geschlechts) passieren. Hier ist Ihre Kostenübernahme."

Mensch Y steht in den Akten als Frau und hat Prostatakrebs.

"Kann jedem Penisträger (gleich welchen Geschlechts) passieren. Hier ist Ihre Kostenübernahme."

Also, wo ist das Problem? Klarer Fall: Ihr "Normalos", oder weniger polemisch: Ihr Menschen, die Ihr keiner Minderheit  wie der unseren angehört, müsst endlich lernen, dass man das Geschlecht nicht binär angeben kann. Das Geschlecht ist nicht O oder I, sondern in der Regel irgendwo dazwischen und die "alte Ordnung der Geschlechter" ist ein Anachronismus, der  genauso wie die Monarchie veraltet ist und keinen Zweck mehr erfüllt. Wenn wir als  Volk, wir als Spezies dies endlich verstehen lernen, dann und erst dann wird es möglich sein, dass uns Transmenschen unsere ureigensten Menschenrechte nicht länger verweigert werden.

Grüße Katrina R. aus F., die Ihr Geschlecht mit "Shemale" anzugeben pflegt


Antwort von mut23:

Vielen Dank Katrina für deinen Kommentar und in vielem, was du schreibst findest du ja auch auf der Website hier ähnliche Argumentationen. Geschlecht ist nicht 100/100 aufgeteilt, kann es auch gar nicht, da der Mensch aus unterschiedlichen geschlechtlichen Facetten besteht, die alle auch voneinander abweichen können. Es gibt das hormonelle Geschlecht, die Chromosomen, die Genitalien, die inneren Geschlechtsorgane, die sexuelle Orientierung, die geschlechtliche Rolle, das Identitätsgeschlecht, das Gehirngeschlecht, ... usw. Einerseits gibt es daher wohl keine Nur-Männer oder Nur-Frauen, andererseits lässt sich aber ein Koordinatensystem nicht verleugnen, das dualer Natur ist. Du selbst verwendest ja, um dein Selbst zu beschreiben, eben auch die Begriffe "Mann" und "Frau" und beschreibst dich selbst auf einer Skala zwischen 0 (100% weiblich) und 1 (100% männlich) bei 0.35. Ich würde da sogar weiter gehen, und gar kein zweidimensionales Koordinatensystem im Ganzen bzw. mehr als eines in der Einzelbetrachtung verwenden, da es ja, wie schon angedeutet, ja auch nicht nur zwei Geschlechtsfacetten gibt, sondern eben mehr.

Die Frage ist nun aber: Wie ist es zu schaffen, dass genau diese wissenschaftlichen Tatsachen (eben, dass es nicht nur einen Faktor für die Geschlechtsbestimmung gibt) zu Menschen achtenden Regelungen in Medizin und Recht führen? Die Antwort, die du auf dieser Website hier findest ist einfach: Ein Mensch muss als das akzeptiert werden, was er ist. Ein Mensch ist. Ein selbstbewusster transsexueller Mensch ist ebenso. Er wünscht sich nicht auf Grund einer "Identitätsstörung" etwas anderes zu sein, sondern er wünscht sich, so ist meine Erfahrung, lediglich eines: Als er selbst akzeptiert und anerkannt zu werden.

Übrigens: Ich glaube nicht, dass es beim verlassen des zweidimensionalen Koordinatensystems noch wichtig ist sich irgendwie "dazwischen" zu fühlen, und hier gegen die "Mann"-"Frau"-Heteronormativität anzukämpfen, sondern einmal zu überlegen, was tatsächlich geschlechtsbestimmend sein kann. Und da würde ich sagen: Der Mensch selbst oder bzw. sein Gehirn. "Sie sind ihr Gehirn" sagt der Neurowissenschaftler Manfred Spitzer. Und irgendwie hat er ja auch Recht damit, auch wenn diese Erkenntnis nun auch nicht so neu ist. "Ich bin ein Mädchen" (oder Junge), weil das wichtigste Organ mir sagt, wer ich bin, egal ob nun zu 55 Prozent, oder zu 73. Was spielen Prozente hier für eine Rolle?

Danke für deinen Kommentar.

Kim
 
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