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18.12.2009
Es ist immer so eine Sache mit der Meinungsvielfalt. Man sollte meinen, dass Menschen, die in Deutschland leben, sie für ein hohes Gut halten, vorallem dann, wenn man sich mit dem beschäftigt, was z.B. im Grundgesetz verankert ist:

In Artikel 5 GG, Absatz 1 heisst es:

"Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt."

Und in Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, die am 10. Dezember 1948 verkündet wurde, steht folgendes:

"Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten."

Sich an das Grundgesetz und die Menschenrechte zu halten, ist etwas, was mit Verantwortung zu tun hat. Ebenso gehört es, meiner Meinung nach, zur Verantwortung eines jeden Menschen, sich mit den Mechanismen von Diskriminierung und Ausgrenzung zu beschäftigen, wenn man Diskriminierungen und Ausgrenzungen abbauen möchte (vorallem dann, wenn es um die Diskriminierungen und Ausgrenzungen geht, von denen transsexuelle Menschen heute noch ganz besonders betroffen sind).

Ein vorangegangener Tagebucheintrag beschäftigte sich mit der Frage, inwieweit es wichtig ist, Ausgrenzungsmechanismen schon im Kleinen zu erkennen, damit diese sich nicht erst im Grossen etablieren können. Wichtig dafür ist es, Kritik zu üben, wenn mensch den Eindruck hat, dass Menschen Opfer von Ausgrenzungsmechanismen werden und sie zu thematisieren, anstatt sie blind geschehen zu lassen. So gibt es, wenn wir als transsexuelle Menschen ehrlich zu uns selbst sind, auch Ausgrenzungsmechanismen im, ich nenne es einmal "System Transsexualität", welches u.a. auch von Vereinen und Institutionen mit getragen wird.

Man mag als Nestbeschmutzer gelten, wenn man als transsexueller Mensch an anderen transsexuellen Menschen Kritik übt, nichts desto trotz ist diese Kritik wichtig und richtig um Gedanken anzuregen, auf Paradoxien hinzuweisen und um am Ende eine echte Weiterentwicklung der Rechte transsexueller Menschen zu erreichen. Die richtigen Fragen zu stellen ist wichtig, um gemeinsam gute Antworten zu finden, tragen wir doch alle, auch als Betroffene Verantwortung für andere transsexuelle Menschen. Jeder Mensch trägt durch sein Handeln auch die Verantwortung für andere Menschen.

Seine Meinung zu äussern - mit Respekt gegenüber dem anderen Menschen - ist etwas, was mit Verantwortung zu tun hat.

Warum schreibe ich das alles?

Der Grund ist der folgende: Es gibt einen Verein mit dem Kürzel DGTI, den ich neulich kritisiert hatte. Meine Kritik äusserte sich u.a. in folgendem Satz und einer Meinungsäusserung meinerseits:

"Ich bin nun sehr traurig darüber, dass ich die DGTI als Verein, der offiziell gegen Ausgrenzung von Minderheiten ist, mit Minderheiten selbst ein Problem zu haben scheint und anstatt sich mit den Ausgrenzungsmechanismen, von denen ja eben auch trans-Menschen betroffen sind - sind es doch immer wieder sie selben Mechanismen, auseinander zu setzen, lieber Forenmitglieder ausschliesst, welchen es ein Anliegen ist, genau diese Abläufe näher zu betrachten."


Die Antwort, die ich auf die Kritik erhielt, war die folgende:

"Ich fordere Dich hiermit auf, Deinen Blogeintrag zu löschen oder uns auf Deiner Seite die Möglichkeit einer Gegendarstellung zu geben."
(Andrea F. Ottmer, Vorsitzende der dgti)

Nun liegt es mir fern, der DGTI nicht das Recht einzuräumen, den Tagebucheintrag zu kommentieren, auf den sich diese Mail bezog, und schrieb dies hier zurück:

"Ihr könnt ja gerne einen Kommentar schreiben. Schickt ihn mir, und ich schau mal, ob und wie ich ihn in den Blog einbaue."

Die Antwort kam umgehend (aber bis heute kein Kommentar):

"Ich fordere Dich noch einmal auf uns die Möglichkeit einer Gegendarstellung in Deinem Blog einzuräumen. Mit dem Angebot einen Kommentar zu schreiben und Dir dann frei zustellen ob und wie Du diesen in Deinen Blog einbaust, können wir uns keinesfalls zufrieden geben."


Was dann zu folgender Antwort von mir führte:

"Liebe Andrea, was willst du denn 'gegendarstellen'? Etwa meine Meinung? Das wäre in der Tat sehr vermessen, findest du nicht? Ich biete dir herzlichst das an, was ich dir in der letzten Mail angeboten habe und das ist mehr, als ich tun müsste."

Meinungen können nicht gegendargestellt werden, da sie, wie der Name schon sagt, Meinungen sind. Zu Gegendarstellungen schreibt Wikipedia folgendes:

"Danach kann jede Person und jede Stelle (also z. B. auch eine AG, ein Verein oder eine Behörde), die von einer in den Medien verbreiteten Tatsachenbehauptung betroffen ist, ihre eigene abweichende Darstellung des Sachverhalts im selben Medium kostenlos artikulieren. Allerdings darf die Gegendarstellung wiederum nur Tatsachenbehauptungen (keine Meinungsäußerungen) enthalten."

Nun erhielt ich heute erneut eine Mail, in der sich nach Hinweis auf die Löschung meines Zugangsaccounts zum DGTI-Forum folgender Satz befand:

"Mit diesem Schritt verzichten wir jedoch keinesfalls auf unser Recht einer Gegendarstellung und behalten uns ausdrücklich rechtliche Schritte zur Durchsetzung dieses Rechtsanspruchs vor."

Ich muss sagen, dass ich jetzt noch enttäuschter bin als ich es sowieso schon war, als ich am 12. Dezember meinen Tagebucheintrag niederschrieb, da diese Vorkommnisse mir bestätigen, was ich in dieser Deutlichkeit vor ein paar Tagen noch nicht so vor Augen hatte. Drohungen sind nicht so meine Art und ich frage mich gerade, ob der Inhalt der ursprünglichen Kritik bei den DGTI-Verantwortlichen überhaupt angekommen sein mag. Mag das etwa die Bestätigung meiner Kritik sein? Ach, was wäre die Welt schöner, wenn Menschen respektvoll miteinander umgehen würden und Kritik als Chance wahrgenommen würde, anstatt zu solchen Reaktionen zu führen, die in mir das Gefühl hervorrufen, dass der Hinweis auf Ausgrenzungs- und Diskriminierungsmechanismen doch nicht ganz aus der Luft gegriffen gewesen sein mag.

Da wir kurz vor Weihnachten haben, möchte ich noch einen Wunsch los werden: Ich wünsche mir, dass transsexuelle Menschen gemeinsam um ihre Rechte kämpfen, und die Auseinandersetzung mit Inhalten nicht scheuen. Und wenn Kritik geäussert wird, dann setzt euch mit den Inhalten der Kritik auseinander, anstatt Drohungen auszusprechen. Denn vielleicht will derjenige, der die Kritik äussert, nur zu einem besseren Gelingen der Durchsetzung von Rechten transsexueller Menschen beitragen.

Warum habe ich diesen Text hier geschrieben?

Vielleicht mag der Eindruck beim Lesen der obigen Zeilen entstanden sein, dass es hier um eine persönliche Meinungsdifferenz geht. Es geht aber um etwas ganz anderers: Um die Rechte jedes einzelnen. Also auch um deine. Menschenrechte sind für alle da.
 
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