Interessant, wie es die deutschen Medien mit den
Menschenrechten halten. Im Zusammenhang mit der Berichterstattung über
Transsexualität könnte man, trotz
Lippenbekenntnissen Anfang 2009
sagen: So gut wie gar nicht. So antwortet der Deutsche Presserat, der
ein Organ der Selbstkontrolle der deutschen Presse sein soll (und
hierfür auch Steuergelder erhält), auf mehrere Beschwerden des Vereins
Aktion Transsexualität und Menschenrecht, in denen transsexuelle Frauen
als Männer dargestellt wurden folgenermassen:
"Hierzu möchte ich Ihnen zu bedenken geben, dass es für Redaktionen
einfach schwierig ist, über den Kampf eines Transsexuellen um eine
Brust-OP vor Gericht zu schreiben oder über Misswahlen für Transvestiten und transsexuelle Männer und dabei das passende Personalpronomen zu verwenden."
Deutlicher könnte steuerfinanzierte Transphobie kaum sein, und dafür
müssten transsexuelle Menschen eigentlich dankbar sein, hier einmal
klar Worte zu hören: Die Deutsche Presse hält transsexuelle Frauen für
Männer und wenn dann transsexuelle Frauen an Misswahlen teilnehmen sind
sie entweder Transvestiten oder transsexuelle Männer. Und obwohl das
eigentlich bereits genügen würde, um damit die Missachtung gegenüber
der Geschlechtsidentität transsexueller Menschen (vorallem
transsexueller Frauen) zum Ausdruck zu bringen, setzt der Presserat
noch folgendes dahinter:
"In allen hier vorliegenden Fällen konnte jedoch keine diskriminierende Darstellung erkannt werden."
Wenn der Deutsche Presserat nicht verstehen will und kann, dass die
Nichtrespektierung der Geschlechtsidentität eines Menschen ein Verstoss
gegen Menschenrechte ist, und dies bereits sowohl auf
EU- als auch auf
UN-Ebene
bereits als Problem erkannt wurde, warum stellt sich der Deutsche
Presserat hier dumm? Warum findet der Presserat in seiner Erklärung
sogar, man müsse Außenstehende sogar noch extra Fehlinformieren
zukommen lassen, wie in folgendem Satz deutlich wird?
"In der Öffentlichkeit werden Begriffe wie Geschlechtsumwandlung,
[...] Umoperieren etc. nicht negativ konnotiert, sonder umschreiben
jeweils etwas, das für Außenstehende, nicht transsexuelle Menschen,
erklärt werden muss."
(Deutscher Presserat, Jan 2010)
Es ist beschämend, welche transphobe Haltung der Deutsche Presserat
hier zeigt (Transphobie meint hier im Kern die Nichtrespektierung der
Geschlechtsidentität eines Menschen) und selbst zum Ergebnis kommt, das
wäre nicht so - frei nach dem Motto: "Wieso soll es diskriminierend
sein eine transsexuelle Frau als Mann zu bezeichnen?". Kann man ja mal
behaupten, das wäre nicht so und alles wäre in feinster Ordnung...
"Nein, nein, wir doch nicht"... wie soll mensch so eine Haltung nennen?
Transphobes Gedankengut nicht nur abzusegnen, sondern sogar noch in der
Begründung dafür selbst transphobe Ansichten zeigen und dann behaupten,
man wäre doch nicht diskriminierend. Kann doch nicht sein, oder? Wie
dämlich ist das denn? Ich bin so baff darüber, wie stark das Niveau der
Deutschen Presse bereits gesunken ist, und wie Menschen, die sich
bereits im Keller befinden, noch meinen können, dort ein Gipfelkreuz
aufstellen zu müssen.
Im Augenblick frage ich mich, wohin sich Menschen, die durch den
Deutschen Presserat diskriminiert werden, wenden können... mal sehen,
zu irgendwas mag der Brief des Presserates noch gut sein.
(Hmmm... vielleicht nur am Rande noch: Aber irgendwie nervt es auch,
sowas wie den obigen Text des Deutschen Presserates lesen zu müssen,
und sich dann daran zu erinnern, welche Vertreter von Vereinen in
Deutschland, die sich angeblich für die Rechte transsexueller Menschen
einsetzen, kein Interesse daran hatten, eine gemeinsame Erklärung gegen
Transphobie in den Deutschen Medien zu unterstützen. Danke dafür. Wer
mit den Folgen leben kann, wenn transsexuelle Frauen als "Männer"
bezeichnet werden... schon erbärmlich, oder nicht?)
Nachtrag:
Hier ein Link zu einem transphoben Artikel des Stern vom 21. November 2009:
Transsexueller nach Sex-Skandal tot aufgefunden
Es ging bei den Beschwerden von ATME e.V. u.a. um diesen Artikel. Kann jemand verstehen, dass mich das oben beschriebene traurig und wütend zugleich macht? Selbst auf Gräber von Menschen spucken sie schon. Und manche deutsche Vereinstransen zucken nur mit den Achseln...