Home
Blog
Inhalt
Aktuelles
Suche
Ticker
Buntes
Gesellschaft
Politik
Wissenschaft
Recht
F64.0
Existenzforderung
Archiv
Aktionsmaterial
Download Texte
Freunde
Externe News
Gesetzgebung
Galerie
Filme
Reform-Stimmen
Impressum
Your IP address:
18.222.121.170
  Home
14.03.2010
In der vergangenen Woche waren zwei Transmänner bei SternTV (RTL) zu Gast. Um mal vorneweg zu sagen: Ich fand beide ziemlich gut. Weniger gut war dann aber, dass RTL wiedereinmal nicht geschafft hat transsexuellen Menschen zuzuhören. So konnte mensch wieder einmal das übliche Spiel erleben: Transsexueller Mensch sagt "ich war schon immer das, was ich jetzt zeige" - RTL sagt zwei Sekunden später genau das Gegenteil ("Früher war er eine Frau" nach der Aussage "Ich war schon immer ein Mann"... ah ja?).

Liebe RTL-Redakteure, lieber Herr Jauch, woran liegt das, dass ich bei RTL macnhaml den Eindruck habe, dass sie und ihre Redkateure entweder Watte in den Ohren oder einen Knoten im Hirn haben? Wie wäre es einmal mit zuhören zur Abwechslung? Klappt nicht? Da frage ich mich: Warum nicht?

Nun denn. Ich bin zum Thema persönlich angeschrieben worden - und habe erfahren, dass der zuständige RTL-Mensch gemeint hätte, dass es zu "eher zu Verwirrungen kommen" würde, würde man zu einem transsexuellen Mann schon nach Outing (ohne Ops und Hormone) bereits Mann sagen. Echt? Für weniger Verwirrung als einen transMann der sagt "Ich war immer ein Mann" danach mit dem Satz "früher war er eine Frau" zu kommentieren? Ehrlich gesagt: Ich halte das für eine ziemlich billige Ausrede von euch, liebe RTL-Redakteure.

Hier einmal meine Antwort an denjenigen "Insider", der mir die Situation im RTL-Redkationsflur näher brachte:

Ein "nicht schlechter Auftritt"? Wer ist damit gemeint? Balian? Oder RTL? Die RTL-Berichterstattung als gut zu bezeichnen, dem würde ich zustimmen, wenn wir nicht das Problem hätten, dass transsexuelle Menschen immer noch nicht rechtlich und medizinisch ab Outing respektiert werden und hier die sog. sexualwissenschaftlichen Institute viel schlimmes ideologisch besetztes Gedankenwerk verbreiten und so z.B. auch Medienanstalten mit angeblichem "Wissen" ausstatten, welches näher betrachtet keines ist. So wird bis heute - und du kannst das in allen Büchern dieser Sexologen nachlesen (und auch im DSM, der auch in Deutschland zur Diagnosestellung verwendet wird) - ein transsexueller Mann eben nicht ab Outing als Mann anerkannt, sondern als "biologische" Frau, die in der Männerrolle (und "...rolle" hier bitte fett lesen) leben will. (Dass transsexuelle Männer alles andere als eindeutige biologische Frauen sind nur mal nebenbei bemerkt) ... so wird immer noch offiziell in Lehrbüchern behauptet, man könne transsexuell "werden" (hier fallen gerne Begriffe wie "psychosexuelle Entwicklung" u.ä.) ... nach Sexologenmeinung handelt es sich dabei um eine Störung dieser Entwicklung, die sich "Geschlechtsidentitätsstörung" nennt und eine Abweichung von der natürlichen Rollenwahl eines Menschen (psychosexuelle Entwicklung) beschreibt, die dann zur psychischen Störung erklärt wird.

Hierauf basieren die medizinischen und rechtlichen Behandlungsstandards in Deutschland... dass du behandelt wirst wie deine "Fortpflanzungsorgane" - dein Geist wird hier zur Störung und zu falsch erklärt. (Daher kommen dann Formulierungen wie "eine Frau, die sich wie ein Mann fühlt"... und dem gedachten Zusatz: "aber keiner ist... ausser er legt sich unters Messer"). Soll heissen: Bei einer "Frau, die fühlt wie ein Mann" soll der Körper richtig sein, der Geist wäre falsch (Geschlechtsidentitätsstörung).

Alle Hassverbrechen gegenüber transsexuellen Menschen haben aber genau diese Unterstellung des "falschen" zum Kern - transphobe Gewalttäter argumentieren genau so: Dieser Mensch hat mich betrogen, in Wirklichkeit ist dieser Menschen nicht das, wie er erscheint, sondern "biologisch" ja etwas anderes. Auch in abgeschwächter Form gibt es diese transphoben Sichtweisen... lies mal Kommentare bei Tageszeitungen und du wirst sehen wie oft hier Menschen schreiben "in Wirklichkeit handelt es sich ja biologisch um eine Frau", als Argumentationsbegründung dafür, um transsexuellen Menschen ihre Echtheit abzusprechen.

Eine Medienberichterstattung, die genau dasselbe macht, also transsexuellen Menschen zu unterstellen, sie wären erst durch Hormone und Operationen zum "anderen Geschlecht" geworden, stellt sich also auf die Seite der transphoben Weltanschauung, die transsexuelle Menschen nicht als biologisch existent, sondern als Produkt von medizinischen (frankensteinartigen) Eingriffen verstehen will - also als z.B. Frauen, die (durch medizinische Eingriffe) zu Männern "geworden" sind. Dass sie es immer waren, wird bewusst verleugnet - passt es ja nicht in das Bild der "Geschlechtsumwandlung". Wer aber meint, dass nur medizinische Eingriffe das Geschlecht eines Menschen "erzeugen", spricht gleichzeitig einem transsexuellen Menschen den wahren Grund für sein Outing ab - nämlich, dass er ist, was er ist. Ein transsexueller Mann outet sich ja nicht als "Frau, die gerne Mann werden will", sondern mit dem Bewusstsein "mensch, ich bin ja doch ein Mann". Wer diesem Mann unterstellt zum Zeitpunkt des Outings eine Frau gewesen zu sein, die "Mann werden" will, unterstellt diesem Mann zusätzlich für seinen sozialen und körperlichen "Wechsel" psychisch seltsame Gründe und fördert ein Weltbild, dass diese psychischen Gründe als "Störung" betrachtet, die z.B. mit der angeblichen "psychosexuellen Entwicklung" zu tun hätte wie z.B. Erziehung, u.ä. ... und, um es einfach zu machen: So jemand unterstellt einem transsexuellen Menschen in einen unechten, unbiologischen Zustand zu "fliehen", anstatt anzuerkennen, dass transsexuelle Menschen - betrachtet man die Vielfältigkeit der Natur - biologisch echt sind und sich mit ihrem Outing nicht zur Flucht vor sich selbst entschliessen, sondern eben zum bewussten Annehmen des eigenen Selbst.

Diese Verdrehung der Motive transsexueller Menschen - warum sie das tun, was sie tun, warum sie das sagen was sie sagen ("Ich bin ein Mann" z.B. nicht deswegen, weil die Frauen mit Identitätsstörung sind, sondern weil sie tatsächlich Männer sind) ist transphob. Eine Berichterstattung, die diese transphoben Ansichten stützt, anstatt anzuerkennen, was transsexuelle Menschen über sich selbst wissen (was eben nicht nur "Gefühl" ist, sondern vielmehr Wissen über das eigentliche Geschlecht) ist in meinen Augen ebenso transphob - vorallem deswegen, weil es ein leichtes wäre, hier anders zu berichten (ich bin selbst gelernte Redakteurin, also weiss ich, wovon ich spreche und durchschaue manche Motive der Medienleute ziemlich gut). Du musst einen transsexuellen Mann z.B. nicht als Frau bezeichnen, die "Mann werden will" - du kannst einen transsexuellen Mann schlicht und einfach "nur" (ganz einfach) Mann nennen. Meiner Meinung nach würde das dann auch viel weniger Verwirrung stiften, als diese unsinnigen Beiträge von RTL und co in denen erst ein Transmann sagt "Ich war immer ein Mann" und dann der Beitrag 2 Sekunden später das Gegenteil behauptet und z.B. gesagt wird "Sie war früher eine Frau und ist jetzt ein Mann".

... dieses Muster - Transmensch sagt etwas und 2 Sekunden später wird im off-Text genau das Gegenteil erzählt... ist ein in Deutschland weit verbreitetes... nur ist das, was in den Beirägen da gemacht wird, nicht nur eine völlige Ignoranz vor dem Inhalt dessen, was ein transsexueller Mensch da gerade gesagt hat, sondern zudem auch noch biologisch äusserst fragwürdig, da Menschen eben nicht nur aus Penis und Hoden oder Gebärmutter bestehen und Geschlecht eben in seiner Polarität, wie sie einem gerne mal vorgespielt wird (und an die wir uns alle ja glauben gewöhnt zu haben) gar nicht existiert und das eigentlich in der Biologie längst bekannt ist. Meiner Beobachtung nacht sind es genau diesen Art Beiträge, in denen der off-Text was ganz anderes sagt, als der transsexuelle Mensch selbst, diese Art von Beiträgen, die Menschen ein geschlechtliches Weltbild aufdrücken wollen, dass durch die Existenz von transsexuellen Menschen längst widerlegt ist.

Du siehst also... ich denke, dass jede kleine Umdeutung, jedes kleine Wort (vorallem, wenn es in Medien eingesetzt wird), entweder helfen kann zu verstehen oder es kann helfen ein Weltbild weiterzutragen, das transsexuelle Menschen ausgrenzt, bis hin zu Hassverbrechen und Mord. Und genau deswegen (auch weil ich als gelernte Redakteurin weiss, dass es ein leichtes wäre über transsexuelle Menschen richtig und respektvoll zu berichten - sogar so, dass weniger Verwirrung bei den Zuschauern erzeugt wird, wie das heute noch der Fall ist) halte ich das, was die Redakteure von RTL da treiben für unverantwortungsbewusst, schlecht recherchiert und ja, sogar für Propaganda für ein transphobes Weltbild. Das schlimme an Transphobie ist, dass diese (anders als Homophobie) immer - das ist mein Eindruck - als "Wolfs im Schafspelz" daherkommt und die nettesten und freundlichsten Menschen hinterher einem das Messer in den Rücken rammen: Weil sie zwar irgendwie meinen so "bunt" zu sein, dass sie es tolerieren "wenn da eine Frau ein Mann wird" (oder umgekehrt), aber nicht auf die Reihe bekommen, das geschlechtliche Selbst eines transsexuellen Mannes oder einer Frau als gegeben zu akzeptieren.

Ich finde aber auch jeder transsexuelle Mensch hat eine Verantwortung: Sein eigenes Inting/Outing so ernst zu nehmen, dass er schätzt, was ihm dies sagen will: Du bist, wer du bist. (Und eben nicht jemand, der jemand "anderes werden" will). ... und ich finde jeder Mensch sollte genau das auch selbstbewusst verkörpern und sich nicht mit "weniger" zu Frieden geben (denn wer hier nicht konsequent ist, hätte sich ja nicht zu outen brauchen, wenn er sich rückwirkend zur "Frau, die Mann werden will" oder zum "Mann, der Frau werden will" erklären lässt und sich damit einverstanden erklärt, dass sein "neues" Geschlecht ja - transphober Ansicht nach - eigentlich das "falsche" wäre...)

Insofern finde ich die Auftritte beider Männer hier sehr gut - im Gegensatz dazu, das was RTL wieder einmal daraus gemacht hat, ziemlich schlecht. Die RTL-Redakteure sollten endlich einmal erkennen, dass transphobe Menschen auch einen Professorentitel haben können und dass nicht jeder Berater der sagt "ich will transsexuellen Menschen helfen" tatsächlich diese Motive hat, vorallem dann nicht, wenn er mit dem Verbreiten transphober Weltanschauungen sein Geld verdient.

Eigentlich sage ich es ja nicht zum ersten mal: Bitte mehr transsexuelles Selbstbewusstsein, auch auf dem RTL-Redaktionsflur. Ist ein Wunsch, ok?
 
< Zurück   Weiter >
 
(C) 2024 Menschenrecht und Transsexualität
Joomla! is Free Software released under the GNU/GPL License.