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05.02.2011
Für 2011 hatte ich mir ja vorgenommen, noch deutlicher offen diejenigen zu kritisieren, die immer noch transsexuelle Menschen als widernatürlich begreifen, und damit weiterhin ein Weltbild mittragen, in dem transsexuelle Menschen weiterhin als "gender identity disordered" (oder in neu: "gender variant") dargestellt werden. Seit Bestehen dieser Internetseite setze ich mich dafür ein anzuerkennen, dass Transsexualität ein Teil der in der Natur vorkommenden geschlechtlichen Vielfalt ist, und es tatsächlich Menschen gibt, die mit gegengeschlechtlichen Körpermerkmalen geboren werden. Ja, tatsächlich, ich halte transsexuelle Frauen für Frauen und transsexuelle Männer für Männer. Es gibt aber Menschen, die das anders sehen und meinen, transsexuelle Frauen wären "Männer, die sich wie Frauen fühlen" oder transsexuelle Männer "Frauen, die sich wie Männer fühlen". Sophinette Becker von der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung drückt das dann in etwa so aus:

"Die Gruppe 1 ist keineswegs einheitlich, sie umfasst viele Untergruppen, die alle auf einem Kontinuum zwischen konflikthafter Homosexualität und Homosexualität bei konflikthafter Männlichkeit eingeordnet werden können. Die Gruppe 2 umfasst MF−TS, die sich in ihrer Vorgeschichte und ihrer Psychodynamik sehr unterscheiden. Insgesamtsind sie auf einem Kontinuum zwischen gescheiterter /verletzter / brüchiger/ unsicherer Männlichkeit (bzw. gescheiterter Integration männlicher und weiblicher Selbstanteile) und einer nicht zu sich gekommenen (nicht tragfähig organisierten/ nicht ausreichend als narzisstische Plombe funktionierenden/ entgleisten) Perversion / Paraphilie einzuordnen (Becker 2004, 2005, 2008)."
(Sophinette Becker in "Sexuelle Identitäten", 2009)

Was soviel bedeutet wie: Transsexuelle Frauen seien in Wirklichkeit gescheiterte (oft schwule) Männer und transsexuelle Männer in Wirklichkeit gescheiterte (oft lesbische) Frauen. Kein Wunder, dass die psychoanalytische Sexologie heute noch ein transsexuelles Outing für eine Geisteskrankkeit hält (und damit eigentlich nicht nur transsexuelle Menschen für gestört hält, sondern auch glaubt, dass feminine Schwule und maskuline Lesben dies ebenfalls wären. Nur nennt man sie dann "gender incongruent" - toller Trick, was?)

Dumm ist es aber, wenn Betroffenenvereine selbst diese Sichtweise stützen und ähnlichen Unsinn verbreiten. Leider gibt es diesen Hang ein psychopathologisierendes Weltbild zu stützen immer noch. Ein aktuelles Beispiel davon, befindet sich nun in der BRAVO. Dort gibt es ein Dossier zum Thema Transsexualität, das unter Mithilfe/Duldung der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (DGTI) entstanden ist.

Die gröbsten Fehler des BRAVO-Dossiers, nun hier in einem Schreiben an die Zeitung:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

leider wird Transsexualität (wie einst auch Homosexualität) in Deutschland von vielen Menschen als widernatürlich erachtet. Diese Sichtweise ist nicht nur nett, sondern auch falsch.

Kein Mensch würde heute noch behaupten, ein homosexueller Mensch wäre eigentlich ein gebürtiger Hetereosexueller, der von hetereo-zu-homo wechselt. Es hört sich ziemlich unglaublich an, aber diese Vorstellungen gab es einst ja - nämlich bis Anfang der 70er-Jahre, als intelligente Mediziner einerseits und gay'n'lesbian-Bürgerrechtsbewegungen sich erfolgreich gegen diese Psychopathologiserung zur Wehr gesetzt hatten. Damit wurde der Grundstein dafür gelegt, dass Homosexualität heute weitgehend nicht mehr als widernatürlich angesehen wird.

Bei Transsexualität ist das leider heute noch so. Auf Grund einer ähnlichen Psychopathologiserung durch bestimmte Lobbygruppen, wird heute noch Transsexualität als widernatürlich erachtet.

So wird Transsexualität nicht als in der Natur vorkommende Geschlechtervariation angesehen (Vereinfacht ausgedrückt: Mädchen, die mit Penis und Hoden geboren werden und Jungs, die mit Vagina und Gebärmutter auf die Welt kommen), sondern weiterhin propagiert, es würde sich um eine psychische Störung oder psychische Befindlichkeit handelt.

Nun zu ihrem Dossier. In ihrem Dossier: "Transsexuell! Was bedeutet das?" wird leider Werbung für die Sichtweise gemacht, die Transsexualität für wiedernatürlich hält. Hier die Sätze, die wir als Menschenrechtsorganisation, die sich für die Rechte von transsexuellen Menschen einsetzt, kritisieren:

"Sven wäre lieber eine Tina! Marie wäre lieber ein Tom! Sie haben das Gefühl, im falschen Körper zu leben."

Genauso wie sich ein homosexueller Mensch, nicht wünscht schwul zu sein, so wünscht sich auch kein transsexueller Mensch transsexuell zu sein.

"Das biologische Geschlecht ist also ein anderes, als das empfundene oder gewünschte Geschlecht."

Die Annahme, dass ein Penis oder eine Vagina immer etwas mit dem "Biologischen Geschlecht" eines Menschen zu tun hat, ist längst widerlegt.

"Es ist kein leichter Weg für junge Menschen, mit dem Gefühl zu leben, im falschen Körper geboren zu sein."

Die Formulierung impliziert, dass transsexuelle Menschen das "Gefühl" hätten, im falschen Körper geboren zu sein und stellt damit indirekt die Aussage "Im falschen Körper" als Phantasie dar. Nochmal der Vergleich zu Homosexualität: Ein homosexueller Mensch IST schwul, er fühlt sich nicht nur so. Ein transsexueller Mensch hingegen IST mit gegengeschlechtlichen Merkmalen ("Körper") geboren und fühlt sich nicht nur so.

"Es gibt sogenannte "Frau-zu-Mann-Transsexuelle". Das sind Mädchen/Frauen, die lieber einen männlichen Körper hätten und sich eher "typisch männlich" verhalten. Und es gibt "Mann-zu-Frau-Transsexuelle". Das sind Jungen/Männer, die sich wir eine Frau fühlen und auch eher weibliche Verhaltensweisen zeigen."

Hier wird wieder so getan, als ob transsexuelle Frauen in Wirklichkeit Jungs/Männer wären (bzw. umgekehrt). Das wäre, wie wenn ein Mensch behaupten würde, ein homosexueller Mensch wäre in Wirklichkeit heterosexuell. Diese Behauptung gibt es tatsächlich noch: bei ex-gays und religiösen Fanatikern.

"Es besteht das Gefühl, sich nicht dauerhaft so verhalten zu können, wie es das biologische Geschlecht vorgibt."

Wir fragen uns gerade: Welche Verhaltensweisen werden von der Biologie vorgegeben? Wie antiquiert ist das denn?

"Sie sind nötig, um die Transsexualität von einem Fachmann/-frau oder Gutachter bestätigen zu lassen. Erst nach einer sicheren Diagnose können Betroffene damit beginnen, ihr Leben neu darauf auszurichten: zum Beispiel durch eine Namensänderung oder eine Operation."

Es mag ja sein, dass es immer noch Menschen gibt, die glauben man könne Transsexualität psychisch diagnostizieren (Es mögen die selben Leute sein, die auch glauben, man könne Homosexualität psychisch diagnostizieren). Diese Fremdbestimmung transsexueller Menschen wird mitterweile nicht nur von vielen Menschenrechtsorganisationen verurteilt, sondern auch von Europarat und Vereinten Nationen.

Es ist erschreckend, das ihr Dossier die antiquierten Ansichten von Menschen wiederspiegelt, die Transsexualität immer noch für widernatürlich halten. Transsexuelle Menschen sind ein Teil der geschlechtlichen Vielfalt - und es wäre an der Zeit, wenn auch Magazine wie die Bravo dieser Realität eine Chance geben würden, anstatt Dossiers über Transsexualität zu verfassen, in dem wieder einmal die alten Klischees über transsexuelle Menschen verbreitet werden und die Psychopathologisierung transsexueller Menschen immer noch möglich ist.

Junge Lesben und Schwule haben es geschafft, sich in den 70er-Jahren dagegen erfolgreich zu Wehr zu setzen und wir glauben, dass auch transsexuelle Menschen dazu in der Lage sind.

Mit freundlichen Grüssen..."


 
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