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22.02.2011
In den letzten Tagen haben wir ja schon viel davon gehört, wie ein Verteidigungsminister namens Guttenberg (CSU) sich seine Doktorarbeit per Copy 'n' Paste um ganze Absätze erweitert hat, die er nicht als Zitate ausgewiesen hat. Es gibt Stimmen, die sprechen davon, dass seine Doktorarbeit ein Plagiat ist. Doch was hat das mit Transsexualität zu tun?

Ich habe mich nun daran erinnert, dass das im Zusammenhang mit Transsexualität ja auch schon mal so etwas gegeben hat: Nämlich als die Bundesregierung Antworten auf Fragen zum Transsexuellenrecht eins zu eins aus einem Lobbypapier der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung übernommen hatte, ohne dies - eben wie bei Guttenberg - nicht als Zitat kenntlich zu machen. Dass eine Bundesregierung sich Texte von Lobbygruppen diktieren lässt, fand ich bereits damals schon obskur, aber die Guttenberg-Geschichte erweitert meine Verwunderung um eine Frage: Wie ehrlich ist unsere Bundesregierung?

Hier die Sätze:

"Innerhalb der Wissenschaft gelten die Ursachen der Transsexualität nach wie vor als nicht geklärt und sind Gegenstand verschiedener theoretischer Ansätze. Die früher vermuteten biologisch-somatischen Ursachen sind bislang allesamt nicht verifiziert worden. Es besteht heute Konsens darüber, dass ein persistierendes transsexuelles Verlangen das Resultat sequenzieller, in verschiedenen Abschnitten der psychosexuellen Entwicklung gelegener, eventuell kumulativ wirksam werdender Einflussfaktoren ist."
(Antwort  der Bundesregierung  auf die Kleine Anfrage der FDP - Drucksache 16/8112 -  Reform des Transsexuellengesetzes vom 29.02.2008)

"Innerhalb der Wissenschaft (Medizin/Psychologie) gelten die Ursachen der Transsexualität nach wie vor als nicht geklärt und sind Gegenstand verschiedener theoretischer Ansätze. Die früher vermuteten biologisch-somatischen Ursachen sind bislang allesamt nicht verifiziert worden. Es besteht heute Konsens darüber, dass ein persistierendes transsexuelles Verlangen das Resultat sequenzieller, in verschiedenen Abschnitten der psychosexuellen Entwicklung gelegener, eventuell kumulativ wirksam werdender Einflussfaktoren ist."
(Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung von Sophinette Becker, Wolfgang Berner, Martin Dannecker und Hertha Richter-Appelt zur Anfrage des Bundesministeriums des Innern vom 11. Dezember 2000)

Interessant ist, dass diese Stelle dann auch wieder direkt bei offiziellen Papieren zur TSG-Reform auftaucht. So heisst es in einem Entwurf zum "Gesetz zur Reform des Transsexuellenrechts - Transsexuellenrechtsreformgesetz - TSRRG" vom 7.4.2009:

"Innerhalb der Wissenschaft gelten die Ursachen der Transsexualität nach wie vor als nicht geklärt. Die früher vermuteten biologisch-somatischen Ursachen sind bislang allesamt nicht verifiziert worden. Es besteht heute Konsens darüber, dass ein persistierendes transsexuelles Verlangen das Resultat sequenzieller, in verschiedenen Abschnitten der psychosexuellen Entwicklung gelegener, eventuell kumulativ wirksam werdender Einflussfaktoren ist."

Zwar wird hier erwähnt, dass es sich um eine "Auswertung einer im Jahr 2000 vom Bundesministerium des Innern durchgeführten Umfrage bei Betroffenen, Behörden der Länder, Verbänden und Sachverständigen zu ihren Erfahrungen mit dem TSG" handelt - ein Hinweis darauf, dass es sich bei dem Abschnitt um ein Copy 'n' Paste-Zitat der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung aus 2000 (siehe oben) handelt, fehlt aber auch in diesem Papier.

Es bleibt noch anzumerken, dass der Inhaltsgehalt des Satzes auch durch häufiges Kopieren nicht besser wird. Zwar mag die Lobbygruppe der DGfS hier an eine Störung der sogenannten "psychosexuelle Entwicklung" glauben (die "gestörte-Männer-die-in-der-Frauenrolle-leben-wollen-These"), diese These ist aber längst widerlegt worden, da Menschen eben biologisch nicht als Ken und Barbie geboren werden (geschlechtliche Abweichungen sind wissenschaftlich belegt) und daher ein Mensch kein "geschlechtsatypisches" Verhalten gegenüber seinem angeblichen "biologischen Geschlecht" - denn das gibt es in dieser stereotypen Form ja gar nicht - zeigen kann.

Ein Mensch kann zwar in seinem Verhalten von Gender-Stereotypen abweichen, aber eben nicht von einem "biologischen Geschlecht". Und das führt dann zu der Frage: Warum sollte es als psychische Störung gelten, wenn ein Mensch von Stereotypen abweicht? Und genau das ist das Problem der psychoanaltisch geprägten Sexualwissenschaft in Deutschland: Sie predigt ein geschlechtsstereotypes, menschenverachtendes Paradoxon. Und ich finde, es täte der Bundesregierung gut, sich nicht auf wirre Menschen, die diesen paradoxen Knoten im Kopf haben, zu berufen. Und schon gar nicht ohne Nennung der Quellen.

Es macht übrigens auch wenig Sinn Leute zu zitieren, die sowieso selbst zugeben, dass sie keine Klarheit über die Ursachen von Transsexualität besitzen (siehe Zitat oben - also egal welches von den dreien).

 
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